Berliner Anstoß Ausgabe Oktober 2016

Die Waffen nieder

Wahlen Berlin I: Große Koalition abgestraft!

Wahlen in Berlin II: Das Berliner Muster

KPD-Verbot: Die deutsche Konterrevolution hat früh begonnen

Einheitsgewerkschaft verteidigen – Hartz IV muss weg

Spurensuche: Ruschestr. 103






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Die Waffen nieder!

Der Frieden braucht eine breite Antikriegsfront - Zum 8. Oktober auf die Straße!

Zum 8. Oktober 2016 in Berlin rufen die beiden großen Friedensnetzwerke Bundesausschuss Friedensratschlag und die Kooperation für den Frieden, sowie die Berliner Friedenskoordination zur gemeinsamen Demonstration auf "Die Waffen nieder - Kooperation statt NATO-Konfrontation, Abrüstung statt Sozialabbau"

Unseren Aufruf, mit dem wir begründen, warum wir diese Demonstration zum gegenwärtigen Zeitpunkt machen, unterstützen 160 Organisationen, Gruppen und Initiativen. Hervorzuheben ist, dass vier Jugendorganisationen einen eigenen Block auf der Demonstration organisieren, darunter auch die SDAJ. Sie alle rufen zum 8. Oktober auf. Noch schwer tun sich dagegen die großen gesellschaftlichen Zusammenschlüsse, Gewerkschaften und Kirchen. Sie müssen von ihren Mitgliedern überzeugt werden zu handeln. Da ist noch viel Arbeit von uns allen zu leisten, aber Teilorganisationen und kleinere Gruppen aus beiden Bereichen sind ebenfalls dabei.

Anders als in vorausgegangenen Jahren, als unsere Proteste sich gegen einzelne Kriege richteten und die beiden großen Friedensnetzwerke zu gemeinsamen Demonstrationen aufriefen, gehen wir heute zusammen auf die Straße, weil wir sehen, dass die Politik unserer eigenen Regierung mehr und mehr auf die Mittel des Krieges setzt.

Wir stellen mit großer Sorge fest: ja es ist berechtigt, dass sich Völker - besonders das russische Volk - aber auch wir - wieder vor der deutschen Politik fürchten müssen. Die Bundeswehr hat sich, ohne dass das Parlament dazu befragt wurde, von einer Verteidigungsarmee in eine Interventionsarmee verwandelt. Deutsches Militär befindet sich in unterschiedlicher Stärke in 17 Einsätzen weltweit, ohne dass ein Staat uns angreift. Im Rahmen des Bedrohungsszenariums der NATO gegenüber Russland stehen im Baltikum deutsche Soldaten wieder an der russischen Grenze, nur 150 km von Petersburg - früher Leningrad - entfernt. Und entgegen internationaler Abmachungen und gegen den ausgemachten Willen unserer Bevölkerung (97 % unserer Bevölkerung lehnen nach wie vor die Stationierung von Atomwaffen ab) arbeiten Fachkräfte der Bundeswehr an "Verteidigungs"-Plänen, wie sie es nennen, von denen sie sagen, dass um Verteidigung glaubhaft zu machen, sie auf zwei Säulen stehen müsse, der konventionellen und der nuklearen.

Die technischen Anforderungen an moderne Armeen, damit sie in Land-, Luft, See-, Cyber- und Weltraumkriegen überlegen agieren können, sind hoch. Die NATO fordert daher von ihren Mitgliedstaaten, dass ihre Rüstungshaushalte bis 2024 auf 2% ihres Bruttosozialproduktes erhöht werden. Das bedeutet konkret für den Wehretat der Bundesrepublik eine Erhöhung von jetzt 35 Milliarden auf 60 Milliarden. Dieses Geld ist Geld, das den zivilen Bereichen, wie Bildung, Gesundheit und Umwelt entzogen wird, umgewidmet für die, die in dem immer rabiater geführten Konkurrenzkampf um Rohstoffe, Märkte und um geopolitische Einflussbereiche, die Gewinner sind.

Um bei der Bevölkerung die Akzeptanz dieser aggressiven Politik zu erreichen, wird seit einiger Zeit mit Hilfe der Medien das alte Feindbild Russland wieder aus der Mottenkiste des ja eigentlich als beendet geglaubten Kalten Krieges geholt, um es für den heutigen Kalten Krieg, der hoffentlich kein heißer wird, nutzbar zu machen. Angst wird auch geschürt mit der Forderung nach Anlage von Notfallvorräten oder Plänen, die Bundeswehr im Inneren einzusetzen. Ein Tabu, das immer wieder versucht wurde zu brechen, bisher aber aus gutem Grund ohne Erfolg. Denn wenn auch als Begründung der Terrorismus herhalten muss, schafft sich die Regierung damit ein Instrument gegen möglichen Widerstand in der eigenen Bevölkerung. Das ist eine Notstandsgesetzgebung, man kann darin auch eine Art Kriegsvorbereitung sehen, nachzulesen im kürzlich erschienenen Weißbuch der Bundesregierung, herausgegeben von Ursula von der Leyen.

Krieg - geht es mir durch den Kopf - ein Wort, das die Herzen der Menschen nicht zu erreichen scheint; das bei vielen, wenn sie es gebrauchen, nicht abbildet, was es an Schrecklichem beinhaltet. Müsste es nicht ausreichen, nur zu sagen "Kein Krieg!", müssten da nicht allen genügend Gründe einfallen, zu sagen, da bin ich dabei, ohne Wenn und ohne Aber? Doch so ist es nicht. Viele Menschen sehen täglich im Fernsehen und hören im Radio, was Krieg mit Menschen macht, und hatten wir in Europa nicht genug Kriege? Wie kann es sein, dass dieses Wort "Krieg" die Menschen nicht zutiefst erschreckt? Wie Recht hatte Bertolt Brecht als er sagte: "Das Gedächtnis der Menschen für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz, " und eine Zeile weiter: "Ihre Vorstellungsgabe für kommende Leiden ist fast noch geringer."

Ich rufe Euch zu, seht hin, hört zu, zum Beispiel, wenn sie von Verantwortung sprechen, aber die eignen Interessen meinen; sprecht aus, was andere nicht mal denken wollen, seid mutig! Seid mutig um des Lebens willen!
"Denn der Menschheit drohen Kriege, gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind, und sie werden kommen ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Hände zerschlagen werden." (Noch einmal Bertolt Brecht).
Laura v. Wimmersperg September 2016

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Wahlen Berlin: Große Koalition abgewählt und abgestraft!

Es ist schon eine Weile her, dass Wahlergebnisse der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlung mit solcher Spannung erwartet wurden. Vor dem Hintergrund der Wahlergebnisse in Mecklenburg-Vorpommern fokussierte sich das Interesse der Medien insbesondere auf das Abschneiden der AfD. Die AfD ihrerseits sorgten mit ihrem rassistischen und nationalistischen Auftreten für eine Polarisierung des Wahlkampfes. Auch die Umfragen im Vorwege der Wahl machten deutlich, dass die regierende große Koalition für ihre Politik eine deutliche Quittung erhalten würde, die Frage war nur wie hoch. Auch wenn die SPD als stärkste Partei aus dieser Wahl hervorgegangen ist, ist ihr Ergebnis eins der schlechtesten in der Berliner Geschichte. Eine Fortsetzung der Koalition mit der CDU ist schon rein rechnerisch nicht mehr möglich und eine neue Koalition wird im Falle einer rot-rot-grünen Konstellation mit relativ gleich starken Koalitionären stattfinden.

Linke profitieren
Die Partei Die Linke ist die einzige im Abgeordnetenhaus vertretende Partei die deutliche Stimmengewinne verbuchen konnte und die nach der AfD auch viele so genannte „Nichtwähler“ wieder zum Urnengang motiviert hat. Die Bundestagsabgeordnete der Linken, Gesine Lötsch bringt es hierzu auf den Punkt: „Ich glaube, dass die Sorge vor einem Rechtsruck viele Menschen bewegt hat, Die Linke zu wählen.“ äußerte sie sich gegenüber der Tageszeitung „Junge Welt“ und in der Tat konnte man dies in den Diskussionen auf der Straße häufiger hören. Es spielte in diesem Zusammenhang also weniger eine Rolle, dass gerade die Partei Die Linke viele Zustände in Berlin wie den Zustand des öffentlichen Dienstes, Ausgliederungen von Unternehmen in Dumpinggesellschaften oder den massenhaften Verkauf von Wohnungen mit zu verantworten hat. Hier setzt die Linke auf ihre Aussage, sie hätte aus der Zeit der Regierungsbeteiligung gelernt. Dies werden die Koalitionsverhandlungen zeigen. Die Linke wäre gut beraten Haltepunkte zu definieren hinter denen sie nicht zurückweicht. Dazu gehören mindestens, der Verzicht auf Abschiebungen von Flüchtlingen, die Rücknahme von und Verzicht auf weiteren Ausgliederungen von Unternehmen in privatrechtliche Dumpinggesellschaften, sowie sofortige Widerherstellung aller tarifvertraglichen Leistungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Berlin ohne Ausnahme.

Stadträte aus Protest
Das Abschneiden der AfD markiert einen Wendepunkt der rechten Parteienlandschaft. Bisher gelang es der CDU rechtskonservative bis völkische Wählerschichten bei sich zu integrieren. Die Wahlanalysen der Berliner Wahl machen zunächst eine Protestwahl deutlich. Die AfD hat ihre größten Wählerschichten offenbar unter Arbeitslosen, Arbeitern und älteren Menschen. Ihre Wahlergebnisse sind dort am größten wo der Migrantenanteil am niedrigsten ist oder auch: je geringer die Bildung desto größer die Zustimmung zur AfD. Doch im Hintergrund vollzieht sich ein Wandel der Parteienlandschaft: Offensichtlich steht auf dieser Seite der parlamentarischen Rechten eine ähnliche Differenzierung bevor wie auf der Linken in Form der Trennung von linker und rechter Sozialdemokratie bzw. in die Partei Die Linke und der SPD. Sollte sich diese auch in verschiedenen Analysen angezeigte Entwicklung bestätigen ist hier mit einer Verstetigung der AfD zumindest zu einer Differenzierung der Konservativen in mehrere Parteien zu rechnen. Für Berlin hat das zwar schwächere Abschneiden der AfD aber schon konkrete Auswirkungen z.B. in den Bezirksverordnetenversammlungen. Kurz vor der Wahl erschien ein von den Berlinern DGB-Kreisverbänden initiierter Aufruf „Stadtrat aus Protest? Nein, Danke!“ Hintergrund ist, dass die gesetzlichen Regelungen für die Bezirksverordnetenversammlung bzw. für die Berliner Bezirke vorsehen, dass die Bezirksstadträte nach dem Parteienproporz vergeben werden müssen. Somit müssen Stadträte der rassistischen und nationalistischen Partei AfD beim entsprechenden Stimmenergebnis von der BVV bestätigt werden. Das ist nicht nur in den östlichen Stadtbezirken der Fall, sondern auch in Neukölln……

DKP: Konstant bescheiden
3467 Berlinerinnen und Berliner haben die DKP in Berlin gewählt. Das Niveau von 3500 Wählerstimmen für die DKP - verglichen mit der Wahl von 2011 konnte gehalten werden – und bleibt damit ungenügend und hinter dem nötigen sowieso, aber auch hinter den Möglichkeiten zurück. Mit nur kleinem Budget und einem Stamm von aktiven Wahlkämpfern war es nicht möglich der Materialschlacht der großen bürgerlichen Parteien etwas entgegenzusetzen. Organisatorisch geschwächt konnten auch kaum sichtbare Akzente gesetzt werden. 1800 Plakate, Anzeigen, tausende Flyer und zwanzigtausend Wahlzeitungen, konnten das nicht ausgleichen. Vor dem Hintergrund der beschriebenen schwierigen Situation ist es schon ein kleiner Erfolg das Ergebnis in etwa zu halten. Wahltaktische Erwägungen ersetzen aber keine konsequente kommunistische Kraft. Die DKP in Berlin wird jetzt in die Vorbereitung der Bundestagswahl einsteigen und deutlich machen: Konsequente Opposition beginnt mit Widerstand gegen die herrschende Politik, inner- und außerhalb des Parlaments.
Rainer Perschewski

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Das Berliner Muster

Die Berliner Wählerschaft lebt wie die der Bundesrepublik in einem Ost- und einem Westteil. Das zu erwähnen, ist nicht nur bei der Bewertung von Wahlergebnissen interessant. Die Schmuddelecken liegen mehr im Osten als im Westen. Das hilft der von Altmeier gesteuerten Medienmeute Ereignisse und Verhaltensweisen nach dem Klischee von DDR-Hinterlassenschaften und „Stasi-Überwachung“ zu erklären. Wer in Schlafstädten lebt, in der „Platte“ wohnen muß, „eingemauert“, bestenfalls nach Thüringen oder an die Ostsee fahren konnte, wie soll der nicht für Fremdenfeindlichkeit anfällig sein? Das alles wird man im dieser Tage herausgekommenen aktuellen Bericht „Deutsche Einheit“ finden. Und so versteht sich bei den Wahlergebnissen von selbst, dass die „blauen Gebiete“ am Ostrand der Stadt liegen. Blau ist die Farbe der AfD, die am 18. September in Berlin wie zuvor bei fast allen der fünf Landtagswahlen aus dem Stand ins „politische Kraut“ geschossen ist, in Berlin mit 14,2 Prozent der Zweitstimmen, dabei in Westberlin mit 12,1 Prozent und im Ostteil der Stadt mit 17 Prozent. Bei den etablierten bürgerlichen Parteien hat bereits das Lavieren im Verhalten zur AfD begonnen. Gegenüber der NPD, die nicht nur weniger Wähleranhang hat, sondern wesentlich robuster rassistisch, militaristisch und nationalistisch auftrat und auftritt, war speziell bei der CDU ein nicht so starkes Abgrenzungsbemühen spürbar. Ihr abgegangener Spitzenkandidat, Innensenator Henkel, hat mit seinem Apparat einiges getan, um die NPD-Aktivitäten zu gewährleisten und den Miethaien beizustehen, wenn dabei alternative Wohnprojekte wie in der Rigaer Straße mit einem mächtigen Polizeiaufgebot bekämpft werden konnten. Die Sorgen, die die Wahlerfolge der AfD den sogenannten Volksparteien bereiten - Volksparteien nicht wegen ihrer gesellschaftlichen Wirkung, sondern bedingt durch einen entsprechenden Anteil an den Wählerstimmen - resultieren besonders aus einem anderen Zusammenhang. Mit der Wahl in Berlin hat sich der Trend zu einer bestimmten politischen Labilität, soweit sie sich in den Parteienkonstellationen widerspiegelt, verfestigt. Während die AfD mit 14,2 Prozent wie der Phönix aus der Asche auftauchte, sackte die SPD von über 28 Prozent (2011) auf 21,6 Prozent ab, der CDU erging es ähnlich, die bei 17,6 Prozent landete. Gleich dahinter kommen DIE LINKE (15,6 Prozent) und die Grünen, die mit ihrem „Bündnis-90-Teil“ eine Art antikommunistische Speerspitze bilden, mit 15,2 Prozent. Wenn man sich die Entwicklung dieser Konstellation in der Nachkriegszeit und speziell für die Periode nach 1990 ansieht, wird erkennbar, dass es den herrschenden politischen Kräften nicht gelungen ist, nach amerikanischem Vorbild ein Zwei-Parteien-System zu installieren, was nicht so problematisch war, als dass die CDU/CSU- / SPD-„Gemeinschaft“ keinerlei Probleme mit der politischen Vertretung der Interessen der größten deutschen Monopole hatte. Die SPD hatte dabei nicht selten die „Drecksarbeit“ zu leisten, so wie sie das mit der Schröder-Regierung und dem ersten deutschen Angriffskrieg nach dem zweiten Weltkrieg und dem bisher größten Sozialkahlschlag, bekannt geworden unter dem Namen Hartz, praktizierte.

Die Lage hat sich seither ein wenig verändert. Nichts deutet mehr darauf hin als die Erklärung der Frau Merkel, dass sie in der Flüchtlingspolitik Fehler gemacht haben könnte und - nicht zuletzt - der Aufstieg dieser in der sogenannten „Mitte“ angesiedelten nationalistischen Partei, der AfD. Zur Illustration: Gemessen an den Mandaten im Abgeordnetenhaus von Berlin besaßen CDU und SPD die folgenden Anteile (in Prozent) 1990: 73, 1999: 69, 2006: 60 und 2016: 42. Zwar drohen noch keine spanischen Verhältnisse, doch muß sich der imperialistische Machtapparat um Alternativen bemühen.

Das ist die Stelle, bei der die progressiven Kräfte ihre Aufmerksamkeit und ihre Aktivitäten an die historischen Erfordernisse anpassen sollten. Keiner sollte sich Illusionen darüber machen, dass auf deutschem Boden bei politischen Krisen Lösungen gefunden werden, die kriegerisch und tödlich sind. Selbst, wenn das noch etwas Zeit braucht, müssen diejenigen, die über den gesellschaftlichen „Durchblick“ verfügen, rechtzeitig gegensteuern. Immerhin haben wir die Erfahrungen der Zeit vor 1933. Besonders die Kommunisten und die, die sich dafür halten, sind angehalten, sich an ihre Geschichte zu erinnern, daran, dass nicht nur unter Bebel, sondern auch unter Thälmann Erfahrungen im parlamentarischen Kampf gesammelt worden sind. Und wer diese Sache mit Ernsthaftigkeit betreiben will, kommt auch nicht darum herum, sich mit den Ergebnissen des VII. Weltkongresses der Kommun-istischen Internationale zu beschäftigen. Das klingt für viele bestimmt etwas zu agitatorisch, nur, wenn diejenigen, die das zu bewerkstelligen haben, das nicht zur Kenntnis nehmen, geht dieses „demokratische“ Theater bis zu seinem katastrophalen Ende weiter. Kommen wir auf die derzeitigen Realitäten zurück! Die von uns erwähnten progressiven Kräfte befinden sich, die Berliner Wahlen im Blick, im Aufwind. „Die Linke“ hat zugelegt. Während sie 2011 noch 11,7 Prozent der Zweitstimmen erreichte, kam sie jetzt auf 15,6 Prozent und damit in die Reihe der zur Zeit noch für Koalitionsverhandlungen interessanten Partner. Was sie daraus macht, muß man ihr überlassen. Nach den Erfahrungen, die sie in der Koalition mit der SPD gemacht hat, ist sie nicht besonders gut weggekommen. Wenn jetzt ihre Protagonisten mit Blick auf Thüringen darauf setzen, politisch mit einer Regierungsbeteiligung voranzukommen, muß man die Zeit für sich arbeiten lassen. Das Mitmachen im Berliner Senat hat ihr ziemlich viele Stimmen gekostet und bei der nächsten Wahl steht als Auffanglager für enttäuschte Bürger die AfD bereit. Viele Menschen in Berlin bräuchten dringend einer Verbesserung ihrer sozialen Situation. Alle diejenigen, die dieser Elendssituation mit Schlagworten begegnen, gehörten in ein Lager für Asylsuchende an den Grenzen der EU.

Und wie geht es den Revolutionären in dieser Situation? Reden wir von der Deutschen Kommunisten Partei (DKP)! Daß ihre Chancen in der derzeitigen politischen Konstellation gering sind, bedarf keiner Erklärung. Etwas anderes ist es schon, zu betrachten, wie sie damit umgeht. Hier tut sich ein generelles Problem auf. Wer glaubt, dass (bürgerliche) Wahlen geeignet sind, um öffentlich bekannt zu werden, geht davon aus, dass er das nicht schon vorher durch seine Aktivitäten geschafft hat, Das ist das Grundproblem der DKP. Wenn man gewählt werden will, müssen diejenigen, die das tun sollen, die Erfahrung gesammelt haben, dass hier eine Partei ist, die ihre Interessen vertritt. Das kann man weder durch die Erklärung, den Marxismus begriffen zu haben, noch durch besonders resolut klingende Schlagwörter wie die „Verhältnisse aufmischen“ zu wollen, ersetzen. Die DKP bleibt auf ihrem niedrigen Niveau. Sie verliert gegenüber der Wahl von 2011 ein paar Stimmen, was angesichts ihres Gesamtergebnisses ohne Bedeutung ist. Interessanter für diejenigen, die politische Arbeit ernstnehmen ist, festzustellen, wo die Schwerpunkte der Wähler und Unterstützer liegen. Die westberliner Bezirke kann man dabei vernachlässigen mit einer Ausnahme, dem Bezirk Neukölln. Dort haben 246 Wähler von insgesamt 3467 Berliner DKP-Wählern für diese Partei gestimmt. Die Stützpunkte der Partei liegen aber in Ostberlin. Im Bezirk Pankow bekommt sie 617 Stimmen, in Lichtenberg 527, im Bezirk Treptow-Köpenick 454 und in Friedrichshain-Kreuzberg 402 Stimmen. Ob die Partei mit diesem „Pfund wuchert“ hängt davon ab, wie sie den parlamentarischen Kampf in ihre politischen Aktivitäten einordnet, als Mittel stärker in der Öffentlichkeit zu erscheinen oder als eine mit der praktischen und konsequenten Vertretung der Interessen der Werktätigen verbundenen Kampfform. Die Menschen, die gewonnen werden sollen, haben nichts von politischen Deklarationen, sie müssen die Erfahrung machen, dass die Kommunisten um die kleinsten sozialen Fortschritte kämpfen. Das bunte Kaleidoskop der Parteienfarben zeigt im Ergebnis der Wahlen in Berlin viel CDU-Schwarz im äußersten Westteil der Stadt (ausgenommen die SPD-Hochburg Spandau), relativ viel Grün in Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg, das SPD-Rot dominierend in Tempelhof-Schöneberg und Neukölln und das Violett (wegen der Unterscheidbarkeit) von DIE LINKE im Ostteil der Stadt, doch dort stark bedrängt vom Blau der AfD. Interessant zu lesen ist der Bericht der Wahlleiterin von Berlin „Wahlverhalten und soziales Umfeld“. In den Überschriften heißt es: „SPD weitgehend ohne sozialstrukturelles Profil“, „Christliche, ältere und alteingesessene Wählerschaft begünstigt CDU“, „Grünes Erfolgsumfeld: Wenig Ältere, viele Ausländerinnen und Ausländer, hohe Bevölkerungsfluktuation“, „DIE LINKE ist immer noch eher im Osten Berlins verwurzelt“, „AfD gewinnt Anhänger in den Hochburgen der etablierten Parteien und mobilisiert Nichtwähler“.
Wahlmax

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Die deutsche Konterrevolution hat früh begonnen

Das nach wie vor bestehende Verbot der KPD ist seit 1989 aktueller denn je

Vor 60 Jahren, am 17. August 1956, wurde die KPD verboten.
Allein in den 50er und 60er Jahren wurden in der Bundesrepublik über 200.000 Ermittlungsverfahren– nicht nur gegen Mitglieder der KPD– durchgeführt, etwa 10.000 Menschen wurden teilweise zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Was war ihr „Verbrechen?“ Sie hatten sich gegen die Remilitarisierung der BRD gewandt, für den Frieden eingesetzt, für die Verständigung zwischen den beiden deutschen Staaten, für Sportbeziehungen und Ferienreisen für Kinder. „Zahlen, die einem Polizeistaat alle Ehre machen“, so der frühere FDP-Innenminister Werner Maihofer im Jahr 1965. Bereits kurz nach der Befreiung Deutschlands von der Nazi-Herrschaft am 8.Mai 1945, begann in den drei westdeutschen Besatzungszonen wieder die Verfolgung von Kommunisten und anderen antifaschistisch-demokratischen Kräften. In ganz Deutschland war nach Kriegsende 1945 das Streben nach einer einheitlich handelnden Arbeiterbewegung vorhanden, um eine Restauration der alten wirtschaftlichen und politischen Macht- und Besitzverhältnisse des Monopolkapitals zu verhindern, die zum Hitlerfaschismus und zum verheerenden zweiten Weltkrieg geführt hatte. Diese Entwicklung passte den rechten Kräften und den reformistischen sozialdemokratischen Führern nicht. Vor allem die Besatzungsmächte der USA und England wollten dies verhindern. Die westlichen Besatzungsmächte, im Bunde mit den rechten SPD Funktionären um Kurt Schumacher, verhinderten mit Behinderungen und Verboten die Vereinigung von KPD und SPD in den westlichen Besatzungszonen. Den westlichen Besatzungsmächten passte eine progressive Entwicklung in Deutschland, aber auch in Europa nicht. Mit allen Mitteln wollten sie das verhindern. So verkündete am 12. März 1947 der US Präsident Harry S. Truman die sogenannte „Truman-Doktrin“. Damit sollte fortschrittliche Entwicklungen in Europa und dem positiven Einfluss der Sowjetunion mit wirtschaftlichen und militärischen Mitteln energisch entgegen gewirkt werden. Die Truman-Doktrin prägte auch die Entwicklung in den westlichen Besatzungszonen. Mit Marshallplan, Care-Paketen und anderen Zuwendungen nahm vor allem die USA massiv Einfluss auf die Entwicklung der vom Faschismus befreiten Länder. Die Hoffnungen der Völker nach Völkerverständigung, Zusammenarbeit, gemeinsamem friedlichen Handeln zerbrachen. Von nun an wurden die internationalen Beziehungen einer neuen Logik der Stärke unterworfen. Es war der Beginn der Epoche des Kalten Krieges. Die „Truman-Doktrin“ wurde zum Grundprinzip der amerikanischen Außenpolitik bis heute und fand sowohl in den USA als auch in den europäischen Ländern Anwendung. Am 23. Mai 1949 wurde die Bundesrepublik mit der Verkündung des Grundgesetzes gegründet. Konrad Adenauer war der erste Bundeskanzler (1949 bis 1963). Er verfolgte einen antikommunistischen Kurs im Inland und gegenüber der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Staaten. Kommunisten wurden aus dem öffentlichen Dienst entfernt, Veranstaltungen und Kundgebungen der KPD und FDJ behindert bzw. verboten. Als erstes wurde am 26.Juni 1951 die Freie Deutsche Jugend (FDJ) verboten. Am 23. Dezember 1951 beantragte die Adenauer-Regierung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Am 5. Juli 1955 begründete Staatssekretär Ritter von Lex den Antrag der Adenauer-Regierung auf ein Verbot der KPD vor dem Bundesverfassungsgericht und erklärte u.a. „Sie ist ein gefährlicher Infektionsherd im Körper unseres Volkes, der Giftstoffe in die Blutbahn des staatlichen und gesellschaftlichen Organismus der Bundesrepublik sendet." Staatssekretär Ritter von Lex stimmte 1933 im Reichstag Hitlers Ermächtigungsgesetz zu und war während der NS-Zeit im Innenministerium tätig.

Am 17. August 1956 verkündete das Bundesverfassungsgericht das Verbotsurteil;

• Die Kommunistische Partei Deutschlands ist verboten und wird aufgelöst.
• Es wird verboten Ersatzorganisationen für die Kommunistische Partei Deutschlands zu schaffen oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzusetzen.
• Das Vermögen der Kommunistischen Partei Deutschlands wird zugunsten der Bundesrepublik Deutschlands zu gemeinnützigen Zwecken eingezogen.

Die Süddeutsche Zeitung schrieb am 17. August 1956:
„Um die deutsche Remilitarisierung fünf Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation wieder zur Aufrüstung zu bringen, brauchte sie ein Feindbild: Die Sowjetunion und die Kommunisten (...) Die militärische Wiederbewaffnung wurde von einer Aufrüstung im Gerichtssaal begleitet." Quelle: „Die vergessenen Opfer des Kalten Krieges", Seite 19. Begleitheft zur Aus- Stellung. Herausgeber: ver.di Fachbereich Medien. Kunst und Industrie

In Westberlin durfte das Bundesverfassungsgericht, wegen der alliierten Vorbehaltsklausel, in Westberliner Angelegenheiten nicht tätig werden, das KPD Verbotsurteil durfte nicht angewendet werden. Auch in den Westsektoren Berlins fand im April 1946 die Vereinigung von KPD und SPD, zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) statt. Auch hier wollten die westalliierten Besatzungsmächte diese Bestrebungen der Vereinigung der beiden Arbeiterparteien verhindern. Es gab Versammlungsverbote bzw. zögerliche Genehmigungsverfahren; es wurden Mitgliederlisten beschlagnahmt und Einheitsbefürworter eingeschüchtert. Zugleich bildeten die von den Militärregierungen lizenzierten und kontrollierten Zeitungen (z.B. der „Tagesspiegel“, der „Kurier“ und der „Telegraf“) die publizistische Speerspitze gegen die Schaffung der SED. Am 28. Mai 1946 wurde die SED in allen Sektoren Berlins vom Alliierten Kontrollrat zugelassen. Diese Zulassung galt bis 1990. Das KPD Verbot durfte hier nicht angewendet werden. Das hinderte im Mai 1954 aber nicht die „liberale“ FDP-Fraktion und die SPD im Abgeordnetenhaus einen SED-Verbotsantrag zu stellen, zur „Bekämpfung kommunistischer Umtriebe“. Der SED-Verbotsantrag konnte wegen nicht Zuständigkeit nicht verabschiedet werden. Am 5.Dezember 1954 nahm die die SED erstmals wieder an den Westberliner Wahlen teil. Ihre Teilnahme sollte verhindert werden und es gab zahlreiche Schikanen, Behinderungen und Verbote. So wurde der Widerstandskämpfer Otto Palapies, 1954 von der Wahlbewerberliste der SED vom Landeswahlausschuss gestrichen, weil er 1935 wegen seines Kampfes gegen die Nazidiktatur zu 12 Jahren Zuchthaus und zehn Jahren Ehrverlust verurteilt wurde und deshalb als vorbestraft galt. In Westberlin herrschte vor allem seit der Spaltung Berlins 1948 eine aggressive Stimmung gegen die Mitglieder der SED und anderer fortschrittlicher Kräfte, gegen die DDR und den sozialistischen Ländern. Mit „Stockschlägen auf den Magen“, Entlassungen aus Betrieben und dem öffentlichen Dienst, mit Berufsverboten, mit nicht Anerkennung als Opfer des Nazi-Regime, mit Entzug von Renten und anderen Beihilfen. Auch das politische Strafrecht wurde gegen SED-Mitglieder und anderen fortschrittlicher Kräfte angewendet. Der Partei wurde oft die Nutzung öffentlicher Versammlungslokale verweigert. So registrierte allein der Westberliner Groscurth–Ausschuss in den Jahren 1950 bis1955 13.692 Verhaftungen von Anhänger der Friedensbewegung und Mitgliedern der SED. Es wurden Gefängnisstrafen von insgesamt rund 132 Jahren ausgesprochen. Siehe Heft 5 „Neukölln für Vereinigung“ „Beiträge zur Berliner Geschichte, des Arbeitskreises Geschichte bei der DKP Neukölln“

Unsere Forderung
• Unmittelbare Aufhebung des KPD-Verbots!
• Die Verfolgten im Kalten Krieges müssen politisch rehabilitiert werden und materielle Wiedergutmachung erfahren, wegen begangenen Unrechts durch die politische Strafjustiz in der Bundesrepublik Deutschland.
Klaus Kubacki

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Einheitsgewerkschaft verteidigen – Hartz IV muss weg

Arbeitsmarktreformen der Bundesregierung führen zum Anstieg der Armut
Durch die „Arbeitsmarktreformen“ der Bundesregierungen im Sinne des deutschen Kapitals sind die Weichen in den letzten Jahren in Richtung Niedriglohn gestellt worden. Inzwischen arbeiten mehr als 24 % der Beschäftigten im Niedriglohnbereich, also fast jeder Vierte. Viele von ihnen zu Löhnen, von denen man nicht leben kann. Dabei sind viele aus der Sozialversicherung hinaus gedrängt worden in Minijobs, in unsichere Selbständigkeit, insbesondere Frauen. Rund jedes siebte Kind in Deutschland ist von Hartz-IV-Leistungen abhängig. Das geht aus einer Daten-Auswertung der Linken-Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann anlässlich des internationalen Kindertags am 1. Juni hervor. In Bremen und Berlin sind es besonders viele: Mit 31,5 Prozent ist fast jedes dritte Kind unter 15 Jahren von Hartz-IV-Leistungen abhängig (Ende 2015). Ebenso nimmt die Altersarmut dramatische Formen an.

Über 7 Millionen Menschen beziehen Hartz IV - Eine Zahl, die (fast) niemand kennt
Es gibt eine Zahl, die in den Medien fast nie genannt wird: Die eigentliche Anzahl derjenigen, die auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen sind. Denn diese Zahl zeigt sehr deutlich, dass der soziale Kahlschlag dramatische Ausmaße angenommen hat. Die Zahl der Erwerbslosen wird hingegen sehr häufig, vor allem im Zusammenhang steigender oder sinkender Zahlen genannt. Im April 2016 waren rund 2,76 Menschen Arbeitslos. Allerdings sind etwa 7,02 Millionen Menschen auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen (Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit). Darunter befinden sich mehr als 2 Millionen Kinder und Jugendliche. Wie kommt es zu dieser Diskrepanz? Ganz einfach: Nicht Jede/r, der auch auf Hartz-IV- Leistungen angewiesen ist, ist im klassischen Sinne Arbeitslos. In Zahlen ausgedrückt: Rund 860.000 Menschen beziehen Arbeitslosengeld und fast 6,26 Millionen Betroffene leben in einer so genannten Bedarfsgemeinschaft. In diesen Haushalten leben 2 Millionen Kinder und Jugendliche. Etwa 95.000 sind sogenannte Doppelbezieher. Sie beziehen Arbeitslosengeld und zugleich Hartz-IV, weil das ALG 1 nicht zum Lebensunterhalt ausreicht. In den monatlich verkündeten Arbeitslosenzahlen werden viele Menschen nicht mitgerechnet. Wie kommt das? Sie gelten „rein aus statistischen Gründen“ nicht als Arbeitslos. Sie haben entweder einen Ein-Euro-Job, nehmen an einer Weiterbildungsmaßnahme teil, sind krank gemeldet, oder überschreiten beim Erfassungstermin das 58. Lebensjahr. Die Bundesagentur für Arbeit führt die Betroffenen dann nicht mehr als „Arbeitslose“. Weiterhin nicht mitgezählt sind Aufstocker, die zwar einen Job haben, aber deren Lohn nicht ausreicht, um das Existenzminimum für sich und/oder die Familie zu sichern. Und es werden diejenigen heraus gerechnet, die eine Ausbildung machen, Angehörige pflegen, Kinder erziehen oder im Vorruhestand sind. Das Hartz-IV-System zählt über die Hälfte der erwerbsfähigen Arbeitslosen nicht zu den Arbeitslosen dazu.

Nicht immer gleich abschreiben
Laut BILD-Zeitung ist die Zahl der Dauer-Hartz-IV-Empfänger deutlich zurückgegangen (8%). Das ist falsch! Dieser Ente gingen u. a. Spiegel Online und der Deutschlandfunk auf den Leim. Tatsächlich beruht der Rückgang aber auf einer Umstellung in der Statistik. Laut Bundesagentur für Arbeit hat sich die Zahl der Betroffenen um lediglich ein Prozent verringert.

Zu Teilzeit gezwungen
Hälfte der Hartz-IV-Aufstocker sind Fachkräfte Viele gut ausgebildete Fachkräfte sind wegen ihres geringen Einkommens gezwungen, Arbeitslosengeld II zu beantragen. Von diesen Hartz-IV-Aufstockern haben 52 Prozent eine abgeschlossene Berufsausbildung und arbeiten als Fachkräfte. Das berichtet die "Rheinische Post". Das Blatt beruft sich auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA), die von der Linksfraktion ausgewertet wurden. Weitere vier Prozent der Aufstocker mit sozialversicherungspflichtigen Jobs arbeiten in gehobenen Experten- oder Spezialistenpositionen und 44 Prozent in Helferpositionen.

Viele Alleinerziehende arbeiten in Teilzeit
Demnach zeigen die BA-Zahlen, dass die Ursache für das Aufstocken oft nicht eine geringe Qualifikation ist, sondern mehrheitlich gut Ausgebildete davon betroffen sind. Viele seien zu Teilzeitarbeit gezwungen, etwa weil sie alleinerziehend sind. Die Zahl der Aufstocker sank demnach durch die Einführung des Mindestlohns Anfang 2015 nur geringfügig um gut 50.000 auf 998.000 im Jahresdurchschnitt 2015 gegenüber 2014.

Forderung nach normalen Arbeitsverhältnissen
Die meisten Aufstocker arbeiten dem Bericht zufolge im Lebensmittel- und Gastgewerbe, in der Logistik (jeweils 15 Prozent), im Reinigungswesen und im Einzelhandel (jeweils 14 Prozent). "Gerade in diesen Branchen arbeiten viele Teilzeit, die eigentlich Vollzeit arbeiten wollen", sagte die Linken-Politikerin Sabine Zimmermann der "Rheinischen Post". Sie forderte "eine Stärkung des Normalarbeitsverhältnisses".

Hartz IV
Hartz-IV-Sätze steigen - Kleine Kinder gehen leer aus Laut dpa sollen Millionen Hartz-IV-Bezieher vom kommenden Jahr an mehr Geld bekommen. So soll der monatliche Regelsatz für alleinstehende Langzeitarbeitslose von derzeit 404 Euro auf 409 Euro im Monat steigen, für Paare von 364 auf 368 Euro pro Partner.

Die größte Steigerung gibt es mit 21 Euro mehr bei den 6- bis 13-Jährigen mit dann 291 Euro im Monat. Das sieht ein Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vor, wie aus Regierungskreisen verlautete. Zuerst hatte die "Bild"-Zeitung über den Entwurf berichtet. Der Regelsatz für Kinder bis zu sechs Jahren bleibt unverändert bei 237 Euro im Monat. Jugendliche bis 18 Jahren erhalten vom nächsten Jahr an 311 statt bisher 306 Euro. Der Satz für unter 25-Jährige, die im Haushalt der Eltern wohnen, steigt von 324 auf 327 Euro. Das allerdings mehr als unzureichend.

Die Steigerungen beruhen auf zwei Mechanismen. So gibt es eine neue amtliche Statistik über die Lebensverhältnisse von Privathaushalten, die der Hartz-IV-Berechnung zugrundegelegt wird. Daraus ergibt sich etwa der höhere Bedarf, der nun für Kinder über sechs Jahren angenommen wird. Außerdem wird angeblich der Anstieg von Preisen und Gehältern berücksichtigt.

Nahles hat nichts gelernt
Die Linke-Chefin Katja Kipping warf Nahles beschämendes Kleinrechnen des Existenzminimums mit allen Tricks vor. Der Grünen-Sozialpolitiker Wolfgang Strengmann-Kuhn forderte einen Neustart bei der Hartz-Berechnung "ohne Schummeleien". Der Paritätische Wohlfahrtsverband und der Sozialverband Deutschland kritisierten die geplanten Sätze als "viel zu niedrig" und "willkürlich". Die AWO betonte, die Bedarfe seien bisher auf Kante genäht gewesen. Das Kinderhilfswerk forderte "dringend höhere Regelsätze" für die Jüngsten. Der CDU-Sozialpolitiker Peter Weiß kritisierte in der "Rheinischen Post", der Steigerungsmechanismus führe regelmäßig zu politischem Unfrieden, "weil viele Bürger diesen nicht nachvollziehen können". Das Salär von Frau Nahles dürfte übrigens bei mehr als 15.000,-- Euro im Monat (!) liegen. Genaue Zahlen fanden sich leider nicht im Internet.

AfD – Eine „Alternative“ ?
Anfang Mai fand in Stuttgart der erste Programmparteitag der AfD statt. Dieser wurde mit riesigem Polizeiaufwand gegen Proteste abgeschirmt. Dass die AfD alles andere als eine Partei der kleinen Leute ist, zeigt das dort verabschiedete Parteiprogramm. Ein wesentlicher Punkt ist die Einschränkung von Rechten der arbeitenden Bevölkerung: Die AfD will Leiharbeit und Werkverträge ausbauen, die Rechte von Gewerkschaften schleifen und Widerstand gegen diese unsoziale Politik mit Hilfe einer durchgreifenden Polizei unterdrücken lassen. Die Unternehmer sollen also mehr Instrumente erhalten, um Arbeiter gegeneinander auszuspielen und Lohndrückerei in gigantischem Ausmaß zu betreiben.

Rolle der Gewerkschaften
Der DGB kommt in einem Ende 2014 vom Spiegel Online veröffentlichten Artikel zu einer vernichtenden Bilanz: Die Reform habe beschönigt, verschleiert und schlichtweg ihr Ziel verfehlt. "Hartz IV wurde nicht nur schlecht gemacht, sondern hat zentrale Eckpfeiler und die Grundarchitektur des bundesdeutschen Sozialsystems massiv verschoben", lautet ein zentrales Fazit der Analyse, über die die "Welt" zuerst berichtete. Rund 15 Millionen Menschen haben demnach in den vergangenen zehn Jahren zumindest zeitweilig Hartz IV bezogen. Existenzgefährdende Sanktionen gehören nach Ansicht des DGB abgeschafft, zugleich müsse mehr Wert auf Weiterbildung gelegt werden. Um das zu verändern, ist allerdings die Solidarität und Kampfkraft der Gewerkschaften weiter zu entwickeln! – Und es geht nicht ohne die Abkehr von der „Sozialpartnerschaft“! –

Auszug aus dem DKP-Sofortprogramm
STOPPT DEN SOZIALEN KAHLSCHLAG UND DEN ABBAU DEMOKRATISCHER RECHTE!

… Altersarmut und Arm trotz Arbeit – das muss aufhören! Verbot von Leiharbeit und Verbot des Missbrauchs von Werkverträgen, einen Mindestlohn von sofort 12 Euro, die Abschaffung der zeitlichen Begrenzung des Arbeitslosengelds (ALG 1), die sofortige Erhöhung des Rentenniveaus auf 53 Prozent und die Abschaffung des Hartz-Systems.
… Wir brauchen die Verkürzung der Lebens- und der allgemeinen Wochenarbeitszeit. Wir brauchen die Verkürzung auf 30 Stunden in der Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Dafür brauchen wir erfolgreiche Kämpfe um Arbeitszeitverkürzung, um damit eine Bewegung für die gesetzliche Verankerung der 35-Stunden-Woche anzustoßen.
… Das alles ist machbar. Geld ist genug da. Es fließt in die Rüstung. In diesem Jahr beträgt der Rüstungshaushalt offiziell fast 35 Milliarden Euro. Kriegsministerin von der Leyen will in den kommenden 14 Jahren zusätzlich 130 Milliarden Euro für die „Modernisierung“ der Bundeswehr aus-geben. Die Rüstungsindustrie exportierte 2015 laut Wirtschaftsministerium Waffen im Wert von 12,81 Milliarden Euro. Geld ist genug da. Es wird spekulativ gehortet von Reichen und Superreichen. In Deutschland leben 123 Milliardäre und mehr als eine Million Millionäre. Sie besitzen ein Vermögen von 2,4 Billionen Euro. Dieses Geld muss umverteilt werden.
… In unserem Land wird Krieg nach innen geführt. Die Ergebnisse sind Armut und Umverteilung zu Gunsten der Reichen, der Konzerne und Banken. Die Waffen sind Arbeitslosigkeit, das Hartz-System, Leiharbeit, Werkverträge, Wohnungsknappheit, Verschuldung der Kommunen und Privatisierung.
Lothar Nätebusch

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Spurensuche: Ruschestraße 103 -Hochburg des Antikommunismus

Herbst in Berlin – noch ist alles ganz golden angehaucht. Die bunten Blätter leuchten in der Sonne und könnten fast vergessen machen, dass es in Berlin alles andere als golden aussieht. Viele Flüchtende Menschen sind immer noch ohne angemessene Unterkunft, von Zukunftsaussichten ganz zu schweigen. Und die AFD ist nun in den Berliner Parlamenten. Wenigstens sind endlich diese hässlichen Wahlplakate verschwunden. Trotzdem: Noch etwas Sonne tanken kann natürlich nicht schaden. Also raus zur Spurensuche – diesmal machten sich sogar zwei Anstoß Redakteure auf den Weg. Unser Weg führte uns nach Lichtenberg in die Ruschestraße zur Hausnummer 103 – wo ist das nur? Erst mal sieht man nur ein Gesundheitszentrum. Erst wenn man weiter durch die Einfahrt nach hinten durchgeht sieht man den Hinweis auf das „Stasi-Museum“. Trägerschaft ist der „Verein Antistalinistische Aktion Berlin“ (ASTAK). Klingt nicht schön – ist auch nicht schön. Bis 1989 war hier die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR untergebracht. Dieses Ministerium wurde im Februar 1950 gegründet, bis 1952 vom sowjetischen Ministerium für Staatssicherheit geführt und wurde dann in die Hände der DDR-Regierung übergeben. Dieses Ministerium hatte sich den umfassenden Schutz der Menschen, der Wirtschaft und der Grenzen der DDR auf die roten Fahnen geschrieben. Unmittelbar nach der Konterrevolution 1989 wurde das Ministerium für Staatssicherheit dann natürlich eines der Hauptziele für einen hasserfüllten Antikommunismus, der im Stasi-Unterlagen-Gesetz (STUG) seine „rechtliche“ Grundlage fand. Und damit auch alle Menschen- vor allem junge Menschen- begreifen wie „schrecklich, entsetzlich und unfrei“ die DDR war – nun also seit 1990 diese „Gedenkstätte“. Seit Januar 2015 wird die Dauerausstellung „Staatssicherheit in der SED-Diktatur“ gezeigt. Wir waren gespannt: Gezeigt werden die Büros der Mitarbeiter des MFS und im oberen Geschoß die Büros des Leiters des MFS, des Genossen Erich Mielke und seiner engsten Mitarbeiter. An den Wänden viele Bilder mit wütenden „Bürgerrechtlern“ die 1989 das Haus stürmten und brennende Unterlagen aus dem Haus werfen. Und natürlich viele, viele Fotos über die Errichtung der Berliner Mauer und von weinenden Menschen die unbedingt „rüber“ wollten. Und Bilder vom singenden Wolf Biermann. Ansonsten eben Büros: Mit mechanischer Schreibmaschine, Telefonanlagen mit Wählscheiben (fanden die jungen Besucher urkomisch), vielen Aktenschränken und auch einer kleinen Teeküche. Eine ältere Museums-Besucherin rief ganz erstaunt „Den Kühlschrank hatte meine Oma auch – und ich dachte die hatten hier was Besseres“.

Im Erdgeschoß wird in vielen Glasvitrinen die Technik mit der das MFS arbeitete gezeigt. Nach heutigen Maßstäben natürlich technisch völlig veraltet. Ein junger Mann meinte, die CIA ist ja 1000 Mal besser ausgestattet. Stimmt genau: Und sie richten mit ihrer tollen Technik auch jeden Tag 1000 fürchterliche Dinge an. Im Erdgeschoss ist ein „Schulungsraum“ dort saßen ca. 20 junge Leute, 13 bis 15 Jahre alt. Offensichtlich Schüler auf Klassenreise. Der Sprache nach aus Bayern. Und ein Mann erzählte ihnen eine ganz fürchterliche Geschichte über ein ganz fürchterliches, verbrecherisches Land namens DDR. Wo die Kinder schon mit drei Jahren im Kindergarten unterdrückt und für die Staatssicherheit eingespannt wurden (kein Witz) und wo alle Leute nur ganz leise ihre Meinung sagten und wenn sie es laut taten gleich im „Stasi-Knast“ endeten, und, und, und… Dem Mann war der Hass auf die DDR ins Gesicht geschrieben. Wer sagt diesen jungen Leuten die Wahrheit? Um 18 Uhr drängte uns ein mürrischer älterer Mann zum Ausgang: Feierabend! Als wir wieder an der frischen Luft waren atmeten wir erst einmal tief durch. Ich hoffe dieses Haus wird bald wieder umgestaltet – in Was ist mir egal – nur weg damit. Liebe Anstoß-Leser – wir treffen uns hoffentlich am 8. Oktober zur großen Friedensdemo unter dem Motto „Die Waffen nieder“. Dieses Ziel ist nur ohne Antikommunismus zu erreichen!
Ineborg Lohse-Geserick

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