Positionen der DKP Berlin in der Mietenfrage

Die Mietenfrage als Klassenfrage (Teil 1)

Mietenfrage als Klassenfrage (Teil 2)

Die Mietenfrage als Klassenfrage (Teil 3)

Noch mehr Geld für Bauherren und Banken

Mietenexplosion in Berlin

Stellungnahme der DKP Berlin zum Gesetzesentwurf der Initiative „Berliner Mietenvolksentscheid“

DIE MIETENFRAGE ALS KLASSENFRAGE (TEIL I)

Der Ausstieg aus staatlicher Bautätigkeit, Privatisierung kommunalen Wohnraums, Abschaffung von Miegrenzen waren Voraussetzung für explodierende Mieten, Wohnungsnot und Immobilienpekulation. Grundlagen des „sozialen Mietrechts“ wurden systematisch zerstört, zuletzt durch das im Februar beschlossene Mietrechtsänderungsgesetz. Dem entspricht, daß breite Schichten in Wohneigentum gedrängt werden, während Mieter massenhaft auf die Straße fliegen. Zum Wahlkampf kündigte Bauminister Ramsauer nun eine Neuauflage der 2006 abgeschafften „Eigenheimzulage“ an.

Angeblich soll sie „den Wohnungsbau in Großstädten ankurbeln“ und Familien mit Kindern fördern, die in Ballungsgebieten leben. Das Ziel sei „Bauen, bauen, bauen“. Von Mietwohnungen ist keine Rede mehr. Es gehe um ein „geeignetes Instrument, die Eigentumsbildung zu erleichtern“.

Ramsauer will suggerieren, sein Programm löse die Probleme bedrängter „Mittelschichten“ und die der Arbeiterklasse zugleich. Um hier klarer zu sehen, hilft ein Blick in Friedrich Engels‘ Schrift „Zur Wohnungsfrage“ (1872/73): „Was man heute unter Wohnungsnot versteht, ist die eigentümliche Verschärfung, die die schlechten Wohnungsverhältnisse der Arbeiter durch den plötzlichen Andrang der Bevölkerung nach den großen Städten erlitten haben; eine kolossale Steigerung der Mietpreise (...), für einige die Unmöglichkeit, überhaupt ein Unterkommen zu finden. Und diese Wohnungsnot macht überhaupt nur von sich reden, weil sie sich nicht auf die Arbeiterklasse beschränkt, sondern auch das Kleinbürgertum mitbetroffen hat.“ (529). Zwar macht das gemeinsame Betroffensein durch Angriffe des Kapitals beide Kräfte zu Bündnispartnern. Eine Interessensidentität ist damit aber nicht gegeben und wird von der Arbeiterklasse nicht behauptet. Im Gegenteil, „die Behauptung dieser Gleichberechtigung ist eben, was man kleinbürgerlichen Sozialismus nennt.“ (584).

DIE HÄUSER DENEN DIE DRIN WOHNEN? DIE SCHEINREVOLUTIONÄRE LÖSUNG
Engels analysierte wohnungspolitische Irrtümer des vermeintlich antikapitalistischen kleinbürgerlichen Sozialismus: „Was der Lohnarbeiter gegenüber dem Kapitalisten, das ist der Mieter gegenüber dem Hausbesitzer“ (531). Engels: „Dies ist total falsch. (...) Es ist ein einfacher Warenverkauf; es ist nicht ein Geschäft zwischen Proletarier und Bourgeois, zwischen Arbeiter und Kapitalisten; der Mieter (...) muß seine ihm eigentümliche Ware, die Arbeitskraft, schon verkauft haben“ (532). Aus der Verkennung des ökonomischen Wesens des Mietverhältnisses folgt der Fehlschluß, daß die Miete als Abschlag auf die Herstellungskosten des Hauses zu betrachten sei. Dieses müsse „von rechts wegen“ in den Besitz des Mieters übergehen, der diesen Vorschuß irgendwann „zurückgezahlt“ habe. Tatsächlich geht mehr und anderes als die Baukosten in die Miete ein, unbedingt auch die Grundrente (in der, als Bodenpreis vorausgenommen, das Verhältnis von Angebot und Nachfrage gemäß natürlichen Eigenschaften des Baulandes sich niederschlägt). Engels: „Am Ende (...) ist das Haus unbewohnbar geworden. Wenn wir dann vom dem gezahlten Gesamtmietbetrag abziehen: 1. die Grundrente nebst der etwaigen Steigerung, die sie während der Zeit erfahren, und 2. die ausgelegten laufenden Reparaturkosten, so werden wir finden, daß der Rest im Durchschnitt sich zusammensetzt: 1. aus dem ursprünglichen Baukapital des Hauses, 2. aus dem Profit darauf und 3. aus der Verzinsung des nach und nach fällig gewordenen Kapitals und Profits. Nun hat zwar am Ende dieses Zeitraums der Mieter kein Haus, aber der Hausbesitzer auch nicht“ (586). Was nun den kleinbürgerlichen Standpunkt reaktionär macht ist, „daß er sich die Befreiung der Arbeiter nicht anders denken kann als so, daß jeder wieder Eigentümer seines Hauses wird“ (594). In Wirklichkeit wird durch die Abschaffung der Mietwohnung in die kapitalistische Produktionsweise überhaupt nicht eingegriffen.

DIE LÖSUNG DER BOURGEOSIE
Die herrschende Klasse wäre nicht die herschende Klasse, wenn sie die Vernebelung proletarischer Klassenstandpunkte nur dem Kleinbürgertum überließe. Es ist kein Zufall, wenn die Kosten des Hausbaus (+ Instandsetzungen) häufig als alleinige Grundlage der Miete verkannt werden. Hier wird lebendige Arbeitskraft ausgebeutet, mit entsprechendem Profit für die Bauherrn. Solche Profite können gesteigert werden durch Hilfen aus dem Hause Ramsauer, etwa die „Eigenheimzulage“. Nun haben aber auch Fonds, Versicherungskonzerne und Banken (darunter die staatliche KfW) ihre Hand auf der Immobilienbeute. Flugs wurde aus den Reihen der FDP moniert, daß die Eigenheimzulage nur Preiserhöhungen bei der so subventionierten Bauindustrie bewirke und folglich nur dieser nütze. Doch die Kampagne erfüllt in jedem Fall ihren sozialdemagogischen Zweck. Um Mietpreistreiberei und Immobilienspekulation voranzutreiben, soll den nichtmonopolistischen Schichten - Kleinbürgertum und Arbeiterklasse - Verschuldung im „Eigentum“ aufgeschwatzt werden. Es geht um die Diskreditierung des Mietverhältnisses - und um die Spaltung der abhängigen Schichten, darum, „die Zahl der kleinen Eigentümer zu vermehren, um sich eine Armeee gegen das Proletrariat zu erziehn“ (541).

Für einen großen Teil der Bevölkerung, etwa in Berlin, wird der Eigentumszwang als Verdrängung aus der langjährigen Mietwohnung erfahren, die dann in Eigentumswohnungen oder Ferienklitschen umgewandelt werden. Manche „Bessergestellten“ der Mittelschicht vermeiden den Rausschmiß, indem sie Erspartes für den Erwerb der eigenen Mietwohnung hergeben. Andere, mit ein wenig Eigenkapital ausgestattet und durch „günstige Zinsen“ verlockt, flüchten vor der Mietpreisexplosion in jene Wohnungen, deren Mieter soeben erfolgreich vertrieben wurden; oder sie beteiligen sich, mit noch etwas mehr Eigenkapital, an einer der Baugruppen, die in Berlin wie Pilze aus den Baulücken schossen, gehätschelt durch die rot-rote Liegenschaftspolitik, die damit das Ende des Mietwohnungsbaus vertuschte. Viele von ihnen hoffen, den Immobilienboom ausnützen und ihr „Heim“ später lukrativ weiterverkaufen zu können, oder es als Altersvorsorge zu halten. So nimmt die Sorge um das Dach über dem Kopf ihrerseits spekulierenden Charakter an. Anderes wird ihnen, angesichts des Abbaus der Sozialsysteme, auch kaum übrig bleiben (falls sie sich nicht sowieso schon einen „Wohn-Riester“ aus dem Hause Ramsauer haben aufschwatzen lassen). Für sie alle gilt: je weniger Eigenkapital, desto höher der Tribut an die Bank. Sie haben ungleich ungünstigere Konditionen als die Immobilienfonds, die die hohen Preise stemmen können und antreiben.

RAUF MIT DEN LÖHNEN, RUNTER MIT DER MIETE!
Zwischen denen, die nach Jahrzehnten alle Hypotheken abzahlten und denen, die vorher Bankrott machen, verläuft eine unerbittliche Scheidelinie. Engels: „In der Tat, es handelt sich hier gar nicht um Arbeiter, sondern um Kleinbürger und solche, die es werden wollen und können; Leute, deren Einkommen, wenn auch innerhalb gewisser Grenzen, in der Regel allmählich steigt (...) während das des Arbeiters, im Betrage bestenfalls sich gleichbleibend, in Wirklichkeit fällt“. 2012 stiegen die Preise für Eigentumswohnungen auf ein Allzeithoch, 2011 um satte 14% gegenüber dem Vorjahr. Wer heute in Kreuzberg eine Wohnung kaufen will, zahlt durchschnitlich 3585,95 € pro qm, Tendenz steigend. Von denen, die so in die „Eigentumsbildung“ gezwungen wurden, werden viele erfahren, daß sie schon keine Kleinbürger mehr waren, als sie den Kredit aufnahmen. Während des Abstotterns oder nach der Zwangsräumung werden sie, im Proletariat angekommen, erkennen, daß die Lösung im Kampf für bezahlbare Mieten liegt, „daß eine Gesellschaft nicht ohne Wohnungsnot bestehen kann, in der die große arbeitende Masse auf Arbeitslohn, also auf die zu ihrer Existenz und Fortpflanzung notwendige Summe von Lebensmitteln, ausschließlich angewiesen ist“.
Klaus L.

Die Seitenangaben der Engels-Zitate nach: Marx Engels, Ausgewählte Schriften I, Berlin 1953

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DIE MIETENFRAGE ALS KLASSENFRAGE (TEIL II)

Das „ABC des Kommunismus“ schrieb 1919 zur „Wohnungsfrage“: „Der Wohnungszins verschlang immer einen großen Teil des Arbeiterverdienstes - 15 bis 25 % des gesamten Monatsverdienstes der Arbeiter (...) Je geringer also die Einnahmen sind, ein desto höherer Prozentsatz des Einkommens entfällt auf die Wohnung, und desto rascher wächst dieser Anteil mit jedem Jahre.“ Auch mit diesen „25%“ räumte die Oktoberrevolution auf.

Im Jahre 2013 wetteifern in Berlin die Senatsparteien, der geschundenen Arbeiterklasse Mieten von 30% des Einkommens als sozialstaatliche Wohltat anzupreisen. Die Linkspartei fordert das aber nur für „Haushalte mit unterdurchschnittlichem Einkommen“ („wohnungspolitische Offensive“)! Und Bausenator Müller (SPD) möchte dies nicht als Anweisung an die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften die Miete zu deckeln, sondern als unverbindliches Versprechen verstanden wissen. In Realität herrscht der Terror der offenen Mietpreisspirale. Wo berliner SozialmieterInnen zum mutigen Protest übergehen, ist es, weil nach Abzug der Miete nicht mal die Hälfte des Einkommens bleibt. Die „Visionen“ von Senator Müller erfüllen Begehrlichkeiten, die das Großkapital der BRD seit den 1950er Jahren hegt. Der Dammbruch kam 1960 mit dem „Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft“, das Mietpreisbindungen abschaffte („Lücke-Plan“, benannt nach dem damaligen Bauminister). In jahrzehntelangen Angriffen gegen kommunale Wohnraumbewirtschaftung, Mietobergrenzen, Belegungsbindungen und Mieterschutz knackten Haus- und Bodeneigentümer die begehrte 30%-Grenze bereits gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Wie im „ABC“ beschrieben, stieg der Mieten-Anteil weiter, bei sinkenden Einkommen der Lohnabhängigen. Die gegenwärtigen berliner Mietenproteste machen deutlich, daß das nicht nur Mieter des „sozialen Wohnungsbaus“ betrifft, sondern die Mehrzahl der Berliner, die noch zur Miete wohnen, also 60%. Deshalb wurde das Protestcamp der SozialmieterInnen am Kotti zum Symbol für den mietenpolitischen Widerstand der Stadt. Und deshalb griff der Senat im November 2012 behend die Möglichkeit zur Spaltung dieses Protestes auf, als der sich in eine „Konferenz zum Sozialen Wohnungsbau“ umlenken ließ.

Trugbild „Sozialer Wohnungsbau“
In der Nachkriegs-BRD, unter der Rekonsolidierung des Monopolkapitals, war „sozialer Wohnungsbau“ das Vorzeigestück eines Kapitalismus, der als „soziale Marktwirtschaft“ verkauft wurde. Angesichts des sozialistischen Modells und der relativen Kampfkraft der Arbeiterklasse fiel ihm eine enorme Propagandafunktion zu. Finanziert wurde er aus Geldern des „Lastenausgleichs“ (angeblich zur gerechten Verteilung der Kriegsfolgen) und des Marshallplans - also im Schulterschluß us-amerikanischen und deutschen Monopolkapitals. Außer Sozialdemagogie leistete er große Dienste zur raschen Akkumulation und Konzentration von Kapital. Die Wohnungsbauprogramme verpflanzten massenhaft billige Arbeitskräfte in die Zentren ihrer Ausbeutung. Die Kosten für ihre Beschaffung und Bindung übernahm der Staat, der sie aus Massensteuern finanzierte oder durch Steuerbefreiungen für die Monopole subventionierte. Zugleich wurde die Anlage privater Mittel in „sozialen Wohnungen“ zur zusätzlichen Profitquelle gemacht. Eigentümer wurden von der gemeindlichen Grundsteuer befreit, das Leihkapital konnte ein Viertel des Kredits von der Steuer absetzen. Die Staatsaufträge bereiteten den Baukonzernen den Grundstock zum Geschäft, den Sprung ans große Geld. Sie führten zu kostentreibenden Preisabsprachen in der Bauindustrie, so daß bereits um 1970 die „Kostenmieten“ im „Sozialen Wohnungsbau“ davongaloppierten. Seither ist es üblicher kapitalistischer Widersinn, daß „geförderte“ Sozialmieten die teuersten sind. Steuerabschreibungen zu 195 %, „Kostenmieten“ um 200 % über dem Durchschnitt, wie es am Kotti in den 70er Jahren schon der Fall war, sind keine exotischen Auswüchse eines „Westberliner Filzes“, auch keine „neoliberale“ Sonderentwicklung des letzten Jahrzehnts, sondern sie gehörten zum Wesen des „Sozialen Wohnungsbaus“ der BRD von Anfang an. Wenn Lenin einmal bemerkte, daß der staatsmonopolistische Kapitalismus die gesetzliche Veruntreuung von Staatseigentum ist, so war westdeutsche Wohnungspolitik von jeher ein beredtes Beispiel dafür.

Die Umwandlung von Haushaltsmitteln in Privatkapital ist auch heute, zur Stunde seiner brutalen Abwicklung, eine der Hauptfunktionen des „sozialen Wohnungsbaus“. Die enge (auch personelle) Verschmelzung privater Kapitalinteressen und staatlicher Verwaltungsfunktionen ist unerläßliche Bedingung für das Hochhalten der Profitraten. Am Kotti ließe sich lehrbuchhaft studieren, wie Senat und landeseigene Investitionsbank Berlin (IBB) ihre Steuerungsrolle für die Interessen der GSW wahrnehmen. Zuvor wurde diese unter „rot-rot“ privatisiert und ihr Börsengang ermöglicht. Mangels Eigenkapital wurden die nötigen Mittel hierzu von der IBB mobilisiert.

Illusionen und Desorientierung des Mietenprotests
Da die kreditgebende IBB (also formal „das Land“) zugleich als Gläubiger fungiert, liegen hier Möglichkeiten zur Desorientierung des Protests. Die Eigentümer-Rolle des Staates wird absolut gesetzt und die privaten Profiteure aus der politischen Schußlinie genommen. So zogen Vertreter von Kotti&Co den Fehlschluß, die GSW-Mieten seien nur aufgrund der IBB-Kredite so hoch und würden automatisch sinken, wenn sie sich „am freien Kapitalmarkt“ versorgte. Gleichzeitig wird aber der Staat idealisierend als Garant eines fiktiven Interessensausgleichs vermeintlich gleichberechtigter Gruppen angesprochen und nicht als geschäftsführender Ausschuß der Kapitalistenklasse. Beide Fehleinschätzungen werden befördert durch die Besonderheit des Mietverhältnisses, in dem die Bewohner kommunaler Objekte, und auch SozialmieterInnen, stehen. Die kurzfristige „Förderung“ von Mietern durch Mietpreis- und Belegungsbindungen verschleiert, daß der Zweck dieses Systems die langfristige Förderung von Banken, Konzernen und Baufirmen ist und daß ohne massive Eingriffe in deren Profite (und in die der Rüstungskonzerne) keine bezahlbaren Wohnungen mehr zu haben sein werden. Da es sich bei den Mietern um Lohnabhängige handelt, deren Einkommen für den Wohnungsmarkt nicht mehr ausreicht, kann der illusionäre Eindruck entstehen, die „sozialen Quacksalbereien“ (Engels) des Staates, seine Intervention durch „Transferleistungen“ aller Art erfüllten den Auftrag des Gemeinwohls. In Wahrheit entsprang die Notwendigkeit dieser Maßnahmen dem erhöhten Ausbeutungsgrad unter der Monopolherrschaft und stabilisierte ihn, entsprang dem Umstand, daß der für die verkaufte Arbeitskraft gezahlte Preis ihre Reproduktionskosten nicht deckt, daß also die Einkommen auch mit den Mieten nicht mehr Schritt halten. Wenn der Staat astronomische Mieten mit „Kappungsgrenzen“ deckelt, also den Teil, den die abhängige Klasse nicht aufbringen kann, übernimmt und damit das gigantische Ausmaß der den Konzernen garantierten Renditen dem Blick entzieht, so subventioniert er die privatkapitalistischen Eigentümer aus den Fonds, die die Lohnabhängigen erwirtschaften. Zugleich wächst damit der Spielraum für Mieterhöhungen. Darüber liegt ein raffiniert verästeltetes System direkter und indirekter Subventionen, Abschreibungen, Steuererleichterungen und garantierter Renditen (am Kotti mindestens 6,5%), die sämtlich der Umverteilung des Volkseinkommens in die Kassen der besitzenden Klasse dienen. Dazu kommt noch der beträchtliche Mietanteil, den die „geförderten“ Mieter selbst aufbringen müssen, von Jahr zu Jahr mehr.

Der „freie Kapitalmarkt“ weiß nichts von günstigen Bodenpreisen und Mieten. Sie steigen weiter rasant. Die Abwehrkämpfe dagegen sind solche um den schieren Erhalt der Reproduktionsbedingungen der Arbeiterklasse. Diese wird die Frage nach dem richtigen Verhältnis von Einkommen und Miete konkret nur im politischen Kampf stellen, der auch den Kampf um die Bedingungen des Verkaufs der Ware Arbeitskraft umfaßt.
Klaus L.

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Serie: Die Mietenfrage als Klassenfrage

TEIL III und Schluss: Kampf um die Wohnung – Kampf ums Recht?

Antikapitalistische Wohnungspolitik umfaßt Sofortforderungen an den bürgerlichen Staat – etwa nach gefördertem kommunalem Wohnungsbau, nach Mietpreisbindung. Eine Reihe dieser Forderungen gilt der Gesetzgebung. Es ist daher zu fragen, zu welchem Zeitpunkt in der Klassenauseinandersetzung es sinnnvoll ist, Kampfziele in Rechtsform zu fassen.

„Die Internationale erkämpft das Menschenrecht“. Bevor es aber dazu kommt, haben wir dem Recht der herrschenden das Recht der unterdrückten Klasse entgegenzusetzen. Einfordern von Rechten ist auch eine Frage des richtigen Zeitpunkts. Ein Haus besetzen oder das „Recht auf“ Hausbesetzung fordern, zum politischen Streik aufrufen oder das „Recht auf“ politischen Streik fordern, sind verschiedene Dinge. Im gegebenen Moment des Klassenkampfes entscheidet, ob man das eine tut oder bloß das andere fordert. Welche Druckmittel setzen solche „Rechte“ durch? Die Geschichte gibt Beispiele von Massenwiderstand: Mietstreiks (1921), Massenblockaden von Zwangsräumungen (1932), wehrhafte MieterInnenräte. Abschaffung der Mietobergrenzen, Ausstieg aus der Förderung des Sozialen Wohnungsbaus und aus staatlichem Wohnungsneubau, Privatisierung kommunaler Gesellschaften und Orientierung der verbliebenen auf Höchstrenditen könnten vordergründig als Rückzug des Staates interpretiert werden. Jedoch interveniert der Staat aktiv im Sinne des Kapitals, eben auch durch zielstrebigen Abbau hart erkämpfter Mieterrechte. Was in der BRD schrittweise geschah, erfuhr die DDR ab 1990 schlagartig. Sowohl ihr vorzügliches Mietrecht als auch die Mieterräte, wirksame kollektive Kontrollinstrumente, wurden mit dem Einigungsvertrag liquidiert.

Zwiespältige Reformpolitik
Mieterschutz durch den kapitalistischen Staat ist widersprüchlich. Einerseits wuchs mit der Formierung des Monopolkapitalismus die Rolle regulierender staatlicher Eingriffe in die Reproduktionsbedingungen sowohl des Kapitals als auch der Arbeiterklasse. Andererseits konnte eine kampfstarke Arbeiterklasse auch rechtliche Verbesserungen durchsetzen. Der Wiener Gemeindebau ist ein Beispiel für diesen Widerspruch. Ziel der Austromarxisten war, durch Mietdeckelung die Löhne in der exportierenden Industrie niedrig zu halten. Die Bourgeoisie akzeptierte den Deal. Heraus kam ein zwiespältiger Klassenkompromis.

Das Eingreifen des Staates in der Wohnungsfrage wurde durch die imperialistischen Kriege und Krisen provoziert. Nach 1914 kamen in Deutschland staatliche Zwangsmaßnahmen auf. Um der kriegsbedingten Wohnungsnot Herr zu werden und Aufstände abzuwenden, wurden Einigungsämter zur Einweisung Wohnungssuchender geschaffen. Die Novemberrevolution 1918 und die folgenden Klassenkämpfe erzwangen Zugeständnisse an die Arbeiterklasse. Die Mietstreiks 1920/21, auf deren Höhepunkt etwa 300 000 Haushalte die Miete verweigerten, führten 1923 zum Reichsmietengesetz. Als „soziales“ Notrecht von den Herrschenden außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuches und somit auf Widerruf konzipiert, konnten Kernelemente des Mieterschutzes sowohl die Brüningschen Notverordnungen als auch den Faschismus überstehen und wurden in die BRD übernommen. Eingriffe in die „Privatautonomie“ der Eigentümer betrafen: 1. Begrenzung der Miethöhe (Reichsmietengesetz, bis 1950 in Kraft) 2. Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit (Mieterschutzgesetz) 3. „zwangsweise Zuführung von Objekten an den Wohnungsmarkt“ (Wohnraummangelgesetz, Anzeigepflicht leerstehender Wohnungen, Amt legte Mietvertrag fest, Beschlagnahmen und Einweisungen wurden bis lange nach dem II. Weltkrieg praktiziert).

Ab den 60er Jahren sahen das Großkapital und seine Parteien die Möglichkeit, die entscheidende Bresche ins Mietrecht zu schlagen. Sie wurde mit dem “Gesetz zur Aufhebung der Wohnungszwangswirtschaft” ergriffen. Die seitherige Rückentwicklung befördert heute den Irrtum, „Rechte“ als Wiederherstellung vergangener Phasen des monopolkapitalistischen Überbaus zu fordern.

Aktueller Mietrechtsabbau
Das Mietrechtsänderungsgesetz, das seit dem 1. Mai 2013 gilt, ist die letzte Stufe eines Aushöhlungsprozess. Nun herrscht das „Recht“ der Zwangsräumer, denen nicht im Gerichtssaal, sondern kollektiv auf der Straße entgegenzutreten ist.

Aber gerade jetzt, wo soviele teuer erkämpfte Mieterrechte der Offensive des Kapitals zum Opfer fielen, werden mietenpolitische Forderung zunehmend in „Rechts“-Formeln von unbestimmtester Abstraktheit verhüllt. Immer häufiger lassen reformistische Politiker im Widerspruch zur Wirklichkeit verlauten: „Wohnung ist Menschenrecht“. Wohnung ist aber in dieser Gesellschaft zinstragendes Kapital in Warenform. Dessen Produktion und Zirkulation wird nicht durch Rechtsbegriffe geregelt.

Das postulierte „Recht“ beansprucht Universalität: es soll „für alle“ gelten. Eine mietenpolitische Universalfloskel ist z.B. „Recht auf Stadt (für alle)“. Im Kapitalismus ist die Stadt selbstverständlich nicht für alle da, ebensowenig das Land. Dem steht in beiden Fällen die Hauptfunktion des bürgerlichen Rechts entgegen: der Schutz des Privateigentums, der jedem weiteren „Recht auf xyz“ übergeordnet ist. Eine Änderung der Kräfteverhältnisse, die die Taekker, Deutsche Wohnen, Franell auch in dieser Stadt zurückdrängt, hat in deren Gewinnmacherei mit Wohnraum einzugreifen und Enteignungen durchzuführen, also eben ihre privaten Rechte zu beschränken – nicht „für alle“, sondern für die Mehrheit.

Darum sollte zu denken geben, wenn auch antikapitalistische Forderungen sich zunehmend darauf beschränken, der kapitalistischen Praxis ein „Grund-“ oder „Menschenrecht“ auf Wohnraum entgegenzusetzen. Aus dem „Recht auf Wohnen“ folgt notwendig die Forderung nach Wohnungsbau. Über den Klasseninhalt der Forderung ist aber damit noch nichts gesagt. Damit Wohnungsbau der Arbeiterklasse zugute komme, müssen wir zumindest die Produktionsbedingungen der Bauindustrie analysieren, denn ihre Profite machen einen beträchtlichen Teil der Miethöhe aus. Das bloße „Recht auf“ führt nicht zu Eingriffen in die Profitwirtschaft. Stattdessen sind konkrete Forderungen aus der politisch-ökonomischen Analyse des Verwertungszusammenhangs abzuleiten und entlang der Konfliklinien realer Mieterkämpfe zu stellen.

Dazu gehören selbstverständlich auch rechtliche Maßnahmen wie Umwandlungs- und Zweckentfremdungsverbote. Auch der Kampf der Genossenschaften um Mitentscheidung, z.B. über die Miethöhe, fordert die Wiederherstellung des Genossenschaftsrechts. Ebenso muß die Reorganisation der entrechteten Mieterräte vorangetrieben werden. Für die Mieterbeirräte der sechs Berliner Wohnungsbaugesellschaften stellt sich dies momentan auch als Kampf um ihre rechtliche Verankerung dar. Es ist bezeichnend für die gegenwärtige Zuspitzung, daß selbst dieser “reformistisch” geführte Kampf auf schärfste Abwehrreaktionen von Staatssekretär Gothe (SPD) trifft. (www.mieterbeirat-fas.de).

Das letzte Beispiel zeigt aber auch, wie Mieter zum Spielball von Illusionen werden, wenn der Angriffspunkt auf Rechtsbegriffe verlagert wird. Inhaltlicher Kern des Kampfs der Initiative „Frankfurter Allee Süd“ ist ihre Forderung nach Mitwirkung an der Erstellung des „Mietspiegels“. Die Illusion „gleichberechtigter“ Teilhabe an einem „gerechten“ Mietspiegel stellt die ökonomischen Verhältnisse, die sich darin ausdrücken, auf den Kopf. Die Eigentümer-Website www.vermieter-erfolg.de gibt darüber Auskunft: „Der Mietspiegel ist der sicherste Weg zu Ihrer nächsten Mieterhöhung ... Da Mietspiegel von einer ‚neutralen Instanz‘ oder von Vermieter- und Mieterverbänden gemeinsam erstellt werden ..., werden sie außerdem von den Mietern eher akzeptiert.“

So läßt sich Mietern die eigene Ausplünderung als „ihr gutes Recht“ verkaufen. Solche Konsensbildung ist eine wichtige ideologische Funktion des imperialistischen Staates. Dem ist noch einmal die „Internationale“ entgegenzusetzen: „Es rettet uns kein höhres Wesen“ - auch nicht, wenn „Das Recht“ in persona als solch ideales Wesen die politische Bühne betritt.
Klaus L.

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Noch mehr Geld für Bauherren und Banken

Mietenpolitik in den Wahlkampfprogrammen der Bundestagsparteien

Angesichts wachsender Mieterproteste liefern Regierung und Opposition Lippenbekenntnise zu „Wohnungsbau für niedrige Einkommen“. Katastrophale Unterversorgung mit bezahlbaren Wohnungen, unaufhaltsamer Anstieg der Mieten - diese Themen beherrschen die öffentliche Diskussion. Das Pestel-Institut errechnete einen Fehlbestand von über 4 Mio. Sozialwohnungen bundesweit. Für die Bevölkerungsmehrheit folgt daraus vor allem eines: Staatlich geförderter öffentlicher Wohnungsbau mit Mietpreisbegrenzung und Belegungsbindung muß her! Das ist eine Minimalforderung, denn die anhaltende Verdrängung von Bestandsmietern mit geringen und mittleren Einkommen wird damit nicht aufgehalten.

Seit 100 Jahren, seit Monopole die Grundlage der kapitalistischen Wirtschaft bilden, sind staatliche Eingriffe aus der Wohnungsversorgung nicht wegzudenken. „Sozialer Wohnungsbau“ steht in der BRD für ein gigantisches Subventionsprogramm für Banken, Eigentümer und Bauindustrie. Zigtausende SozialmieterInnen, die auf die Straße fliegen, zahlen für die „Förderung“ der Kapitalistenklasse heute die Zeche. Die jetzt zu fordernden Maßnahmen wären eine Rückholung erkämpfter Rechte. Doch CDU/CSU/FDP schufen Fakten, die deutlicher als ihre Wahlprogamme sprechen: Am 1. Mai trat das Mietrechtänderungsgesetz in Kraft.

Die Jagdsaison auf Mieter ist eröffnet
Das heißt: Modernisierungsmaßnahmen werden zu 11 % Prozent auf Mieter umgelegt (SPD fordert 9%, LINKE „bloß“ 5 %). „Energetische Sanierung“ wird zum mietpreistreibenden Faktor erster Ordnung. Abgeschafft wurde das Recht auf Mietreduktion während der Modernisierung. Einspruchsmöglichkeiten gegen den Umbau, vorgreifende Härtefallregelungen gibt es nicht mehr. Bei geringsten Unpünktlichkeiten der Miet- oder Kautionszahlung ist der Kündigungsschutz aufgehoben. Erlangung und Durchsetzung von Räumungstiteln sind vereinfacht, Räumungsklagen werden massenhaft folgen. Der Schlag geht gegen Mietverhältnisse als solche: Das Unterzeichnen eines Mietvertrages soll so abschreckend wie möglich gemacht werden. Kein Zufall, daß CDU/CSU gleichzeitig mit der Durchsetzung dieses „Rechts“ die „Eigenheimförderung“ forcieren, sowie private Investitionen in den Wohnungsbau durch zinsverbilligte Kredite und „möglichst niedrige“ Grunderwerbssteuer. Die Note der GRÜNEN liegt in der Betonung, daß sie „notfalls“ auch weiterhin privatisieren wollen. Die FDP macht klar, daß sie Mietpreisdeckelung, Sanierungsverbote, öffentlich geförderten Wohnungsbau mit Bindung rundweg ablehnt. So extremistisch „marktradikal“ das klingt, beschreibt es doch die Wirklichkeit auch in Ländern, wo SPD und LINKE regier(t)en.

Bauboom statt bezahlbarer Mieten
Das Legitimitätproblem der Sozialdemokratie wird an der Wohnungsfrage überdeutlich. Ihr oblag stets, staatsmonopolistische Interventionen als „gemeinwohlorientiert“ und arbeiterklassenfreundlich zu verkaufen, zuletzt aber den radikalen Abzug staatlichen Handelns aus jeder sozialen Orientierung durchzusetzen. In Berlin leisteten das SPD und LINKE. Doch richten sich auf das Versprechen „Sozialstaatlichkeit“ immer noch die größten Hoffnungen der außerparlamentarischen Mieterbewegung, so parteienfeindlich sie sich sonst auch gibt. Der mietenpolitische Abschnitt im Wahlprogramm der SPD übt sich deshalb in Mimikry: „Aktionsprogramm für eine solidarische Stadt und bezahlbares Wohnen“, das ganze auf weniger als 2 Seiten von 120. Die SPD läßt keinen Zweifel, daß Wohnraumversorgung für sie der Profitvermehrung dient und Haushaltsmittel ausschließlich zu diesem Zweck fließen. Das Mietenproblem sollen Wohngeld und Heizkostenzuschuß regeln - also ebenfalls Subvention der Preistreiber. Das Programm erschöpft sich in der Ansage: „Neubau fördern“. Da kommunalen Wohnungsunternehmen dabei eine Schlüsselrolle zukäme, sei am Beispiel Berlin gezeigt, was wir von sozialdemokratischer „Neubauförderung“ zu erwarten haben: Seit den Abgeordnetenhauswahlen 2011 müssen die Senatsparteien wohnungspolitische Aktivität suggerieren. SPD/CDU stellten den Bau von 30.000 Wohnungen innerhalb von fünf Jahren in Aussicht – ein Tropfen auf den heißen Stein. Der aktuelle Fehlbestand liegt bei etwa 73.000 Wohnungen, wie die Maklerfirma Engel & Völkers ermittelte. Während der Senat Visionen verkündet, geht die Massenvertreibung aus den Bestandswohnungen weiter. Der Berliner Durchschnitt an Zwangsräumungen pro Woche wird auf 22, die Zahl der Wohnungslosen auf 17.000 geschätzt. Zunächst deklarierte Bausenator Müller (SPD) ein „Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“ – zwischen dem Land und seinen eigenen Wohnungsunternehmen! Jede Konkretisierung scheiterte an der Kontroverse um die Fördermethode – zwangsläufig, denn die ist Prüfstein der Frage „Wem nützt es?“. Dies zu verschleiern ist Müllers Job. Zunächst sah er vor, 1.000 Wohnungen mit 60 Mio. Euro jährlich zu fördern, durch verbilligte oder zinslose Darlehen für Bauherren. Das wurde als zu teuer vom Tisch gewischt. Im Mai einigten SPD/CDU sich auf ein „Wohnungsbau- und Förderprogramm“ für fünf Jahre.

Senat baut potemkinsche Dörfer
Die verbliebenen landeseigenen Wohnungsunternehmen sollen nach diesem Programm 600 Mio. Euro Kredite aufnehmen und 175 Mio. als Eigenkapital investieren. Bund und Land steuern dann jährlich je 32 Mio. bei. Die gehen aber in einen „Wohnungsbaufonds“ der landeseigenen IBB, der beliebigen Bauherren offensteht: „Familienbaudarlehen“, private Investoren usw. Hier verliert die Sache bereits den gemeinnützigen Antrich. Gefördert werden die Ansprüche zinstragenden Kapitals. Was sieht diese „marktkonforme“ Konstruktion für Mieter mit geringen Einkommen vor? Einzige Auflage ist, daß ein Drittel der erhofften 29.500 Wohnungen Belegungsbindung erhalten soll – das sind höchstens 1.966 pro Jahr! Nichts verlautet über Miethöhe, Mietgrenzen, die Dauer der Bindung und Modalitäten der Förderung. Damit wird die „Sozialwohnung“ erneut zur Mieterfalle.

Die Grundbedingungen für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums werden von SPD und LINKEN in ihren Programmen ausdrücklich nicht anerkannt, weder die Ausschaltung privatkapitalistischer Interessen aus der Wohnraumversorgung noch eine feste Mietpreisbindung. Im Gegenteil: Auch die LINKE begrüßt den „anteiligen Bau“ von Sozialwohnungen durch Privatinvestoren und verläßt sich auf den Mietspiegel. Schon deshalb ist ihr Programm Makulatur.

Wahlversprechen „Mietbegrenzung“
Beibt das Wahlversprechen fast aller Parteien: Begrenzung der Steigerungen bei Neuvermietung auf 10 % oberhalb des Mietspiegels. Mit Bestandschutz und Mietsenkung hat das nichts zu tun. Diese Steigerungsrate liegt heute bei 40 – 50 %. Deshalb bleiben Mieter auch unter miserabelsten Bedingungen in der Stammwohnung und stehen damit der Renditesteigerung, Umwandlung und Aufwertung des Bestands im Wege. So ist die progagierte „Deckelung“ noch keine mieterfreundlichen Maßnahme: Sie soll zum Auszug und zur Aufgabe alter Mietverträge bewegen. Verräterisch ist die Ausnahme, die die SPD ins Programm schrieb: Bei Erstvermietung im Neubau soll es keine Deckelung geben.

Damit ist bedarfsgerechte Belegungs- und Mietpreisbindung bei Neubauten nicht durchzuführen. Rainer Wild, Chef des Berliner Mietervereins, erklärt den Sinn: „Investoren bauen nicht für 5,50 Euro Miete“. Das ist wahr: „Der Markt“, kontrolliert von Monopolen, baut weder erschwingliche Wohnungen noch Infrastruktur. Die niedrigsten Quadratmeterpreise der Neuwohnungen werden bei 10 Euro liegen. Wilds Satz ist zu lesen: „Investoren bauen nicht für die Arbeiterklasse“. Aber das ist in den Wohnungsprogrammen von CDU, CSU, SPD, GRÜNEN und LINKEN auch nicht vorgesehen.
Klaus L.

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MIETENEXPLOSION IN BERLIN

Der Berliner Mietenspiegel 2011 bestätigt, was jeder Berliner bereits weiß: Wohnen ist Luxus in der Hauptstadt.

Drei Monate vor den Berliner Abgeordnetenhauswahlen legt der SPD-LINKE- Senat ein Dokument vor, das auf beeindruckende Art und Weise die Wohnungspolitik der regierenden Parteien zusammenfasst: den Mietenspiegel 2011. Die Kernaussage: Mit einer durchschnittlichen Mietsteigerung von 4,83 Euro nettokalt auf 5,21 Euro pro Quadratmeter zwischen 2009 und 2010 sind die Mieten in Berlin jährlich um 4 % gestiegen. Ein Rekord in der Geschichte des Berliner Mietspiegels.

Noch tiefere Abgründe tun sich bei genauerer Betrachtung des aktuellen Mietspiegels auf. So verzeichneten begehrte Singlewohnungen unter 40 Quadratmeter einen Mietanstieg um 8,5 %. Die Mieten in sog. „guten Wohnlagen“ wie Mitte oder Prenzlauer Berg sind im Berechnungszeitraum um durchschnittlich 10,9 % gestiegen. Spitzenreiter mit 17,5 % Mietsteigerung bilden jedoch Altbauwohnungen mit Mindestausstattung. Es entbehrt bei alledem nicht einer gewissen Ironie, dass der Ausschluss von Sozialbauwohnungen bei der Berechnung des Mieten- spiegels dämpfend gewirkt hat. Denn insbesondere die durch den SPD-LINKE-Senat eingestellte Anschlussförderung für den Sozialen Wohnungsbau führte zu exorbitanten Mietsteigerungen auf 13 Euro pro Quadratmeter und mehr. Sie fließen nicht in den Mietspiegel ein. Insgesamt sind die Ergebnisse des Mietenspiegels 2011 mit Vorsicht zu genießen, weil er nur den Stand der im Berechnungszeitraum gezahlten Mieten abbildet (sog. Bestandsmieten). Der aktuelle GSW-WohnmarktReport gibt einen Vorgeschmack darauf, wohin die Reise geht: Hier wurde zwischen 2009 und 2010 ein Anstieg der Angebotsmieten von 5,85 Euro auf 6,11 Euro pro Quadratmeter festgehalten – im Durchschnitt.

MIETSTEIGERUNGEN: TREIBSTOFF FÜR MASSENVERELENDUNG
Es ist eine Binsenweisheit: Steigende Mieten in einer Stadt beschleunigen die Massenverelendung. Doch selbst solche Grundlagen der „Küchensoziologie“ müssen anscheinend immer wieder ausgegraben werden, wenn Bürgermeister Klaus Wowereit allen Ernstes feststellt, dass steigende Mieten in Berlin ein Indiz für wirtschaftliche Erholung seien. Diese ‚wirtschaftliche Erholung’ sieht wie folgt aus: 1 Million Menschen sind in Berlin von staatlichen Transferleistungen abhängig und 40% der Berliner Kinder leben in Armut. Diese Teile der Berliner Bevölkerung mussten in der Vergangenheit bis 40 % ihres Haushaltseinkommens für Miete aufbringen – in Bezirken wie Friedrichshain-Kreuzberg bis zu 50 %!

Während die Berliner Regierungsfraktion sich für keinen dummen Kom- mentar beim Thema Wohnungspolitik zu schade ist, sprechen diejenigen, die im „operativen Geschäft“ Kapitalinteressen durchsetzen müssen, geradezu erfrischend Klartext. Einer davon ist Wulff Aengenvelt, Vorstand des international tätigen Immobiliendienstleisters „Aengenvelt“, der vor wenigen Monaten den „City-Report Region Berlin“ seines Unternehmens in Berlin präsentierte. Er weißt darauf hin, dass das Transaktionsvolumen 2010 für Berliner Wohnimmobilien 3,575 Mrd. Euro betrug, was einer Steigerung um 60 % (!) gegenüber dem Vorjahr entspräche. Und Aengenvelt machte auch ohne Umschweife klar, warum der Berliner Wohnungsmarkt zum Investorenparadies geworden ist: „noch nicht ausgeschöpfte, nennenswerte Mieterhöhungsspielräume“. Als Gründe führte Aengenvelt steigende Bevölkerungszahlen und Wachstumsquoten bei Single- und Zweipersonenhaushalten, so gut wie keinen Wohnungsneubau sowie einen faktisch nicht vorhandenen Wohnungsleerstand an, was Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer (SPD) bis heute standhaft bestreitet. Keine Frage: Die Berliner Mieterinnen und Mieter sind gut beraten, wenn sie eher der Einschätzung eines Mannes vertrauen, der sein Geld damit verdient, Immobilieninvestoren steigende Profite zu sichern.

SPD-LINKE BLEIBT HANDLUNGSFÄHIG – IM INTERESSE DES KAPITALS
Wenn Junge-Reyer angesichts des aktuellen Mietspiegels erklärt „Berlin bleibt die preiswerteste Großstadt in Deutschland" hat sich jede Diskussion erledigt, ob die SPD im Interesse der Berliner Mieterinnen und Mieter handelt – von der sog. „Opposition“ im Abgeordnetenhaus ganz zu schweigen. Doch was ist davon zu halten, wenn der Vorsitzende der Berliner LINKEN, Klaus Lederer, auf einer Fachkonferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung Ende März die Privatisierung der GSW-Wohnungsge- sellschaft 2003 als „Fehler“ bezeichnet? Oder wenn Lothar Jösting-Schüssler, Fraktionsvorsitzender der LINKEN in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg, auf einer Wahlkampfveranstaltung die Parole ausgibt „Wer hier wohnen will, soll hier wohnen können“? Was ist von solchen verblüffenden Einsichten zu halten, wenn der Spitzenkandidat der LINKEN, Harald Wolf, noch vor wenigen Wochen den Börsengang der GSW-Wohnungsgesellschaft ermöglicht, indem er in seiner Funktion als Vorstand der landeseigenen Investitionsbank Berlin (IBB) einen Kredit für die privatisierte GSW- Wohnungsgesellschaft in Höhe von 150 Mio. Euro locker macht? Und was ist überhaupt von einem Spitzenkandidaten der LINKEN zu halten, der als Wirtschaftssenator die Privatisierung der GSW durchgeboxt hat und damit seinen erheblichen Teil dazu beitrug, dass sich die Privatinvestoren Cerberus und Goldman Sachs mit der GSW jetzt eine goldene Nase verdienen? Ein Kreis von Kreuzbergerinnen und Kreuzbergern hat darauf seine eigene Antwort gegeben. Sie besetzten am 30. Mai, nachdem der neuen Mietenspiegel vorgestellt worden war, einen faktisch leer stehenden Wohnkomplex der GSW in der Schlesischen Straße 25. Mit bekannt brachialer Gewalt beendete die Berliner Polizei diese Hausbesetzung. Doch auch Polizeigewalt kommt an ihre Grenzen, wenn mehr Berlinerinnen und Berliner auf die Wohnungspolitik des Senats „antworten“ – egal, welche Parteien nach dem 18. September im Regierungssessel Platz nehmen.
Männe Grüß

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Stellungnahme der DKP Berlin zum Gesetzesentwurf der Initiative „Berliner Mietenvolksentscheid“

Der Gesetzesentwurf der Initiative „Berliner Mietenvolksentscheid“ wird den Anforderungen an ein politisches Konzept für soziales Wohnen nicht gerecht.

Um eine Senkung der Berliner Mietpreise auf eine mit den Einkommen lohnabhängiger MieterInnen verträgliche Höhe einzuleiten, sind als Minimalprogramm unerlässlich:
1. ein genereller Mietpreisstopp mit vorausgehender Mietsenkung (staatliche / kommunale Festsetzung einer politischen Miete).
2. ein kommunaler Wohnungsneubau ohne Profitorientierung, aus dem also Privatkapital herausgehalten und Renditeansprüche ausgeschaltet werden. Ein solcher Neubau muss in großem Maßstab erfolgen, um sich tatsächlich dämpfend auf die Mieten Berlins auszuwirken. Er ist aus Haushaltsmitteln, bei entsprechender Besteuerung der Profiteure, zu finanzieren, die Abhängigkeit von Kapitalmärkten ist zu brechen.

Da der Gesetzentwurf des Volksentscheids (im folgenden VE) weder eine Mietbegrenzung noch ein Programm zur planmäßigen Schaffung kommunaler Wohnungen in relevanten Größenordnungen vorsieht, führt er keine wesentliche Verbesserung der Mietensituation für die Mehrzahl der BerlinerInnen herbei.

Der VE schreibt keine Maßnahmen fest, die den „Wohnungsmarkt“ als Ganzes auch nur regulieren, geschweige der Profiterwirtschaftung entgegenwirken. Im Gegenteil: Die einzelnen Bestimmungen des „Gesetzes über die Neuausrichtung der sozialen Wohnraumversorgung in Berlin" sehen vor, dass die kommunalen Wohnungsbauunternehmen kapitalistische Betriebe bleiben, die durch diverse Geschäfte um die Ware Wohnung, insbesondere Zinsgeschäfte, Überschüsse auf dem Rücken der MieterInnen einfahren. Das wird garantiert durch den zu Grunde liegenden „Förderfonds", mit dem die ganze Konstruktion unauflöslich verquickt ist. Dadurch verfehlt die Umwandlung der Wohnungsunternehmen von Aktiengesellschaften in Anstalten öffentlichen Rechts ihren Zweck. Sie wäre bei entsprechender Gesetzgebung fortschrittlich. Der VE schafft jedoch durch die Illusion des angeblich „revolvierenden" Fonds die Bedingungen, dass Immobilien-Profiteure auch in Zukunft sowohl von Mietern als auch vom Staat kassieren.

Direkt betrifft das Gesetz nur Wohnraum, der aktuell in kommunalem Besitz ist, sowie die massiv subventionierten teuren Noch-„Sozialwohnungen“ im Privatbesitz. Die Umstrukturierung der kommunalen Wohnungsgesellschaften ist halbherzig, das dafür vorgeschlagene „Mitbestimmungsmodell“ räumt weder Mietern noch Belegschaften substantielle Rechte ein, und es erschließt sich nicht, warum daraus mehrere „Anstalten“ werden müssen, welche im „Wettbewerb" operieren sollen. Ihre Gewinnorientierung wird nur auf dem Papier aufgehoben – real besteht weiter der Zwang, Gewinne zu machen und die Möglichkeit, sie an den Staat abzuführen.

Zusätzlich sollen die Anstalten, in Zusammenarbeit mit Polizei und Jobcentern, ordnungspolitische Funktionen übernehmen, die direkt gegen Mieterinteressen gerichtet sind und die ökonomisch schwächsten MieterInnen noch einmal in bevorzugte und benachteiligte Gruppen spalten.

Die vorgetäuschte „Mietpreisbegrenzung“ durch „Subjektförderung" (also Erhöhung der Mietzuschüsse auf unbestimmte Zeit) erreicht nur einen Teil der Betroffenen und hält insgesamt die Mietsteigerungen nicht auf.

Der Inhalt des Entwurfs rechtfertigt also nach Auffassung der DKP Berlin seine Unterstützung nicht. Auch eine punktuelle Verbesserung der Situation wird sich daraus kaum ergeben. Die Konsequenz dürfte eher ein gänzliches Verstummen der Mieterproteste sein.

Es folgt eine Begründung anhand ausgewählter Punkte. Da wir der Auffassung sind, dass die juristisch verklausulierte Form des VE das Verständnis der politischen Inhalte trübt, halten wir eine ausführlichere Auseinandersetzung mit dem Gesetzesentwurf für notwendig. Die meisten Betroffenen haben keine Zeit, sich durch die 59 Seiten zu lesen. Es besteht die Gefahr, dass Menschen über etwas abstimmen, was sie nicht wirklich prüfen konnten und einer Illusion aufsitzen, die erst auffiegt, wenn es zu spät ist.

Zur Problembeschreibung als Ausgangspunkt des Entwurfs
Die Beschreibung der Problemlage im VE ist selbst ein Problem, da sie keine Ursachen der Mietpreistreiberei benennt. Die Defizite der "sozialen Wohnraumversorgung" (die nicht definiert wird) hätten sich wegen der ‚Wohnungsmarktdynamik’ und der ‚regressiven Wohnungspolitik’ ausgeweitet. Eine Kritik oder gar Änderung des Prinzips der Profiterwirtschaftung durch Vermietung wird von vornherein verneint.

Es wird ebenso kritiklos von einer “Zumutbarkeit“ von 30% des Einkommens als (Kalt-)Miete ausgegangen und hieraus eine Nettokaltmiete von 5,42€ / qm für Menschen an der Armutsgrenze (Einzelpersonen) errechnet. Für Lohnabhängige und Erwerbslose ist diese 30%-Richtlinie, nach unserer Auffassung, nicht vertretbar.

Insgesamt bezieht sich die Betrachtung ausschließlich auf statistisch armutsgefährdete und arme Personen, nicht auf das Mietsystem insgesamt. Entsprechend wird der kapitalistische Charakter der Mietwohnung als Ware und zinstragendes Kapital vom VE als unproblematisch vorausgesetzt und bekräftigt. Lohnabhängige MieterInnen werden hier als "schlecht weggekommene" Konsumenten behandelt, die allenfalls als individuelle Antragsteller agieren können. Die Bewahrung dieses Zustands per Gesetzesentwurf präsentiert der VE als "direkte Demokratie". Das wird inzwischen dankbar aufgegriffen von Grünen, SPD und Linkspartei, die darauf rechnen, den Protest von der Strasse zu holen und in die Regierungspolitik kommender Koalitionen umzumünzen.

Es wird beklagt, dass Altbautmieten nicht mehr "zuverlässig preisgünstig" seien - als ob sie das in westdeutschen Metropolen jemals gewesen wären. Der Zusammenhang mit den kapitalistischen Neubaumieten, die die Altbaumieten ständig mit in die Höhe ziehen, wird ausgeblendet, um auf diesem Gebiet erst gar keine Lösungsansätze bieten zu müssen. DIe Suggestion, der VE würde bezahlbare Mieten "für Berlin" machen, ist unwahr und bewusst irreführend. Ebenso falsch die Behauptung, es ginge um Mietsenkungen. Es geht weiterhin um staatlich garanierte Höchstmieten im "Sozialen Wohnungsbau" und sogar um Schuldenschnitte für seine Profiteure. Unzutreffend ist auch die Behauptung, kommunale Wohnungsunternehmen würden nach Annahme des VE "nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet" (§ 25)

Der VE zählt ein Sammelsurium von staatlichen Instrumenten auf, die als ineffektiv qualifiziert werden. Die grundsätzliche Funktion des Mietspiegels als Mieterhöhungsinstrument findet nicht einmal Erwähnung. Das endet mit der Feststellung, dass man an den beanstandeten Faktoren per Mietenvolksentscheids in vorliegender Form sowieso nichts ändern könne, weder auf Bundes- noch auf Landesebene. Es handelt sich also um einen juristischen Entwurf, der zugleich versichert, dass er die bau-, miet- und steuerrechtlichen Vorraussetzungen des Immobiliengeschäfts auf juristischem Wege gar nicht antasten kann. Handlungsmöglichkeiten der Bezirke bleiben ebenfalls aussen vor - z.B. das mögliche Verbot von Zwangsräumungen. Schlimmer noch: Zwangsräumungen werden ausdrücklich in das Landesgesetz als Aufgabenbereich kommunaler Wohnungsunternehmen hineingeschrieben (s.u.). Die Entscheidung, politische und soziale Forderungen der Berliner Mieterinitiativen in juristische Form zu giessen (anstatt die gängige juristische Drangsalierung politisch anzugreifen), schafft somit "Sachzwänge", die fortschrittliche Inhalte ins Gegenteil verkehren oder in Unverbindlichkeit abdrängen.

Selbstverständlich ist Solidarität mit den ärmsten und wehrlosesten Teilen des Proletariats auch in der Wohnungsfrage oberstes Gebot - das sind besonders Hartz-IV-BezieherInnen, RentnerInnen, Alleinerziehende, MigrantInnen, Flüchtlinge. Umfassende Solidarität und der Anspruch, sich nicht in unterschiedliche Sonderinteressen aufspalten zu lassen, war bisher Konsens in der Breite der Berliner MieterInnenbewegung. Der VE bricht mit diesem Prinzip. Ein genauerer Blick auf den Gesetzestext zeigt, dass nur ein Teil dieser Gruppen Zuwendungen durch den Förderfonds oder Wohnungen erwarten kann (s.u.).

Zu den Zielen des Gesetzes
Es geht dem VE nicht um die Zurückdrängung von Kapitalverwertung, auch nicht um einschränkende Regelungen, sondern in erster Linie um ein "Förder"programm, um "künftig die Mieten im Sozialen Wohnungsbau durch Senkung wieder tragfähig zu machen" (S.9). Was "tragfähige Mieten" seien, wird nicht definiert. Der Gesetzestext macht aber klar, dass die fortgesetzte Subvention überhöhter "Kostenmieten" gemeint ist. Der VE ist auf einen Teil des Wohnungsbestandes fokussiert und schränkt damit die Gruppe von MieterInnen, denen er nützen könnte, erheblich ein. Es gehe um "verstärkte Modernisierung privaten Altbaus" zur angeblichen Erhaltung "vieler preiswerter Wohnungen" und "deutlich erhöhte zielgruppenorientierte Neubauförderung" für Sozialwohnungen, über deren vorgesehene Anzahl aber nichts gesagt wird. Es geht also NICHT um eine MIetobergrenze und auch nicht um die planmässige Bereitstellung und Finanzierung einer hinreichenden Menge Wohnungen in öffentlicher Hand. Wie ohne solchen aus der gesamtberliner Situation entwickelten Plan Altbauten "preisgünstig" bleiben sollen, bleibt für die DKP ein Rätsel. Die noch bestehenden Sozialwohnungen verbleiben unter den Bedingungen, die das Massenelend und die verzweifelte Lage der MieterInnen immer neu erzeugen. Schlimmer noch: Anstelle echter Mietsenkungen und unbefristeter Bindungen für SozialmieterInnen fordert der VE, den Eintreibern der "Kostenmieten" ein Aussetzen ihrer Rückzahlungen an das Land zinsfrei zu gewähren (§34 (3) - dergleichen ist für den Mietzins allerdings nicht vorgesehen!

Es geht also um die Fortführung des fatalen Senatskonzepts der Milderung akuter Wohnungsnot und zaghaftester Martkbeeinflussung durch direkte und indirekte Bezuschussung überhöhter Mieten.

Wundermittel Wohnraumförderfonds
Der VE verengt den sozialen Auftrag der Landesverfassung auf die Förderung von Wohnraum für „besonders Benachteiligte" (S.35).

Gegenüber denen, die vom Staat begünstigt über den kapitalistischen Wohnungsmarkt Profite realisieren, sind lohnabhängige MieterInnen grundsätzlich benachteiligt. Das zeigt sich u. a. daran, dass ihre Einkommen immer weniger ausreichen, um für die enormen Gewinne der Finanzkapiktalisten, Grundbesitzer, Bauunternehmer und Eigentümer aufzukommen. Würde der VE hier Stellung beziehen und Mieterinteressen insgesamt berücksichtigen, müsste er in bestehende Marktbedingungen, Profitansprüche und die Haushaltspolitik eingreifen. Das ist eine vernünftige Forderung fortschrittlicher Mietenpolitik an den Staat. Um all dies nicht zu tun, soll ein Fonds geschaffen werden, mit dem sich unter dem Deckmantel akuter Hilfe trefflich Geschäfte machen lassen. Angeblich trage der Fonds „revolvierend" sich selbst - quasi freischwebend neben dem Haushalt -, so dass die kommunale Rotstiftpolitik, mit Steuerbegünstigung für Banken und Konzerne, irrsinige Grossprojekte und zugleich Schuldenbremse für die Bevölkerung, munter fortgesetzt werden können. In Wirklichkeit ist der „revolvierende Fonds" kapitalmarktabhängig, von heterogensten Geldquellen gespeist und zu Zinsspekulationen per VE verpflichtet. In vorauseilendem Gehorsam wird er von den Verfassern nach „Europarecht" konzipiert, was den „gemeinnützigen" Ansatz vollends zum zahnlosen Tiger macht (S.35f.).

Unter die Fonds-Einnahmen (§5) zählen die Verfasser u. a. EU-Gelder für energetische Sanierung, die also ihrerseits aus einem Fond stammen, der eigens geschaffen wurde, um die Modernisierungsspekulation zu befeuern. Ein bedeutender Batzen soll aus den einfließenden Mietzinszahlungen kommen. Außerdem werden Gelder aufgelistet, die Immobilienkapitalisten, insbesondere solche, die vom Wuchersystem und den Rendite-Grantien des westdeutschen „Sozialen Wohnungsbaus" profitieren, dem Land Berlin an Zinsen und Tilgung für Darlehen zurückzuzahlen haben (das wären nach S. 36 immerhin 280 Mio Euro jährlich für den Fonds). Diese Einnahmen werden auf der Habenseite des Fonds aufgeführt. 15 Seiten weiter (§34) werden sie dann diskret wieder herausgestrichen: "Für die einkommensunabhängige Mietensubvention gemäß §§ 30 bis 32 verzichtet der Wohnraumförderonds" (also das Land Berlin) "ganz oder teilweise oder befristet auf die Rückzahlung von Förderdarlehen, die dem Förderfonds gemäß § 5 Nummer 2 zustehen". Die Autoren schweigen sich darüber aus, wie viele Millionen derlei Geschenke ans Kapital kosten. Man erhofft sich davon, dass die Preistreiber dann mit der nächsten Mieterhöhung etwas zuwarten und sich weniger schnell aus der Bindung loskaufen. Auf diese Weise kann für einige Zeit vorgetäuscht werden, die Lage der SozialmieterInnen sei verbessert worden. Mit einem seriösen Konzept zur Mietsenkung hat das nichts gemein.

Der Fonds wird als „nicht rechtsfähiges Sondervermögen" vorgestellt. Laut Begründung geht es bei dieser Definition um die Möglichkeit der Kreditvergabe durch die Investitionsbank Berlin (IBB) ohne formale Minderung seines Eigenkapitals - also eine Finanztrickserei (S.36). Für die Ausstattung des Fonds gibt es keine Vorgaben, da „dies dem Haushaltsgesetzgeber überlassen bleibt". Das ist noch weniger als eine unverbindliche Willenserklärung. Der Fonds ist Kreditvergabestelle, lebt also von Zinsen inklusive Mietzins. Ihm wird vorgeschrieben, sich über Zinsen aus Anlagen, also Spekulationsgeschäften, zu nähren. Die Verfügung über den gesamten Fonds obliegt, als Bewilligungsstelle (§8), neben dem Senat der IBB. §7 schreibt vor, dass solche Geschäfte aus überschüssigen Einnahmen getätigt werden - womit zugegeben wird, dass das Modell, das hier zur Abstimmung steht, sehr wohl gewinnorientiert ist. Wenn die Autoren also behaupten, es würden keine Gewinne an den Haushalt abgeführt, dann heißt das nicht, dass keine erwirtschaftet würden. Wenn sie nicht „direkt" an den Haushalt abgeführt werden, steht laut Gesetzesentwurf nichts dem entgegen, sie indirekt abzuführen.

Der Fonds, da in Abhängigkeit vom EU-Wettbewerbsrecht konstruiert, soll „allen Antragstellern offen" stehen, also den Begehrlichkeiten von Immobilienkaptalisten aller Art. Auch die „Anstalten" (die umzuwandelnden Wohnungsbauunternehmen) sind nur „gleichberechtigte" Antragsteller neben den privaten Investoren und zahlen dann Zinsen. Der Fonds stellt somit sicher, dass mit der bisherigen Politik nicht gebrochen wird, öffentliche Gelder, die bei den Beziehern mittlerer und kleiner Einkommen eingesammelt wurden, in private Kassen umzuschaufeln. Folglich ist dem Fonds auch nicht zwingend die Aufgabe zugewiesen, die Lage der MieterInnen gegenüber den Profitmachern grundsätzlich zu verbessern. Es wird eben nicht bindend vorgeschrieben, sondern nur unverbindlich empfohlen, der Fonds solle sich daran orientieren „Verdrängung zu vermeiden" - aber auch das nur in „innerstädtischen Stadtteilen sowie Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten". Währenddessen wird den BerlinerInnen aber eingeredet, es handele sich hier um ein Gesetz gegen Verdrängung!

Indem der Fonds „diskriminierungsfrei" seine vergünstigten Kredite an ,Anleger' und ,Investoren' vergibt, ist die ausgesonderte „Zielgruppe" - nämlich die ärmsten MieterInnen der Stadt - ihm wehrlos ausgeliefert. Falls die ganze, im wesentlichen auf Zinsgeschäften, Finanztrickserien und Haushaltsmanipulationen beruhende Fondskonstruktion auf Grund ihrer inneren Widersprüche und äußeren Abhängigkeiten genauso zusammenbrechen sollte wie ihr ruhmloser Vorgänger - das „Salzburger Modell" - entfällt die einzige Stütze, die für diese MieterInnen vorgesehen ist. Sie würden bitter bezahlen, so wie sie schon die Zeche für das Fördermodell des „Sozialen Wohnungsbaus" zu bezahlen haben.

Folgen der Subjektförderung - Beispiel Datenschutz und Flüchtlinge
Der VE ist, ohne das offen auszusprechen, eine Abstimmung für die Fortsetzung der sogenannten Subjektförderung und damit Flickschusterei (in den Worten des VE "Einkommensabhängige MIetensubvention nach SGB II bzw. SGB XII"). Die DKP hält das für den falschen Weg und kann auch deshalb diesen VE nicht unterstützen. Richtig wäre, eine politische Miete im Einklang mit Objektförderung durch die Kommune so festzusetzen, dass es zu den entwürdigen Abrechnungen diverser "Transferleistungen" erst gar nicht kommt.

"Subjektförderung" bedeutet zusätzliche Schikanen für die abhängigen Almosenempfänger des Fonds - auch die, die nicht schon unter Hartz IV Regime stehen. In § 9 ("Datenschutz")schreiben die AutorInnen in ihr Förder-Gesetz, dass der Senat Daten über Mieterparteien verbreiten kann - Einschränkungen werden nicht aufgeführt . Ausserdem wird eine Auskunftspflicht der Vermieter an Behördern und "Arbeitgeber" (!) über die Einkommensverhältnisse der Mieter festgesetzt und Rückschlüsse des Vermieters auf das Einkommen ausdrücklich gebilligt. Das kann zu weiteren Diskriminierungen führen, wie sie schon jetzt auch in landeseigenen Gesellschaften gang und gäbe sind.

Anstatt also die Interessen der "einkommensschwachen Haushalte" zu stärken, wird ihr Status als Empfänger von Armenhilfe fortgeschrieben. Die Kriterien der "Förderungswürdigkeit", die der VE trifft, treiben die Entsolidarisierung innerhalb der "Zielgruppe" voran. Erhalt eines Wohnberechtigungscheins wird an den Aufenthaltsstatus gebunden. § 45 (2): "Einen Wohnberechtigungsschein erhalten nur Wohnungssuchende, die sich nicht nur vorübergehend im Bundesgebiet aufhalten oder aufhalten wollen und rechtlich und tatsächlich in der Lage sind, auf längere Dauer einen Wohnsitz als Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu begründen und dabei einen selbständigen Haushalt zu führen."

Damit ist von den VerfasserInnen des VE sichergestellt, dass Flüchtlinge (übrigens bei hohen Geldstrafen auch für Vermieter) aus Kommunal- und sonstigen Wohnungen draussenbleiben. Das ist abermals ein brutaler Bruch mit dem solidarischen Konsens, der die Berliner MiterInnenbewegung bisher trug. Während nach aussen, insbesondere auch von GRÜNEN Trittbrettfahren des VE, mobilisierungswirksam beklagt wird, dass MigrantInnen sich an der Abstimmung nicht beteiligen können, macht der Gesetzestext nach innen knallharte Diskrimiierungspolitik.

DIe DKP vertritt, dass das Flüchtlingsproblem auch ein Wohnungsproblem ist, da allen Flüchtenden unverzüglich menschenwürdige Wohnungen durch die Kommune bereitzustellen sind. Wir sehen nicht, wie wir dafür in Zukunft glaubhaft weiter kämpfen sollen, wenn wir vorher einem Gesetz zustimmten, dass Füchtlinge grundsätzlich ausschliesst. Auch darum können wir diesen VE nicht unterstützen.

An der Wirkungsweise des geplanten Förderfonds wird also die Klassenstruktur kapitalistischer Wohnungspolitik, wie sie auch der VE vorsieht, überdeutlich. Für Kapitalisten, die Fondsgelder abgreifen, gilt "diskrimiinerungsfreier" Zugang nach Gleichheitsgrundsatz. Die lohnabhängigen ZIelgruppen-MIeter, die um den Verbleib in überteuerten Wohnungen kämpfen, werden in Ungleichberechtigte aufgespalten und kriegen Zugangsbeschränkungen.

Tochtergesellschaften - Beispiel Hartz-IV-BezieherInnen
Doch mit der quasi finanzkapitalistischen Wirkungsweise des Fonds nicht genug. Die kommunalen Wohnungsunternehmen werden laut VE verpflichtet, Tochtergesellschaften zu gründen. Nirgends steht, dass diese im alleinigen Besitz der Anstalten sein müssen und damit keinen Gewinn erwirtschaften dürfen. SIe sind kapitalistische Unternehmen, die diverse Geschäfte zu betreiben haben. Begründet wird das mit eben kapitalistischen Gesichtspunkten: "Wirtschaftliche Effizienz" und "Flexibilität" (S.39). Nicht erwähnt wird, dass das Outsourcing nur zulasten der Beschäftgten der landeseigenen Unternehmen gehen kann: Entlassungen, Arbeitsverdichtung und Lohndrückerei werden die Folge sein, während nicht zu erwarten ist, dass das "wettbewerbliche" Agieren irgendwelche Vorteile für Mieter bringt. Eine dieser vorgeschriebenen Tochtergesellschaften hat den alleinigen Zweck "zielgerichteter Sozialarbeit" - zur Sicherung der Mieteinahmen (S.14). Die angehängte Begründung macht klar, was "Sozialarbeit" bedeutet: Der Schikane durch Jobcenter wird Überwachung durch den Vermieter hinzugefügt. Mobbing gegen Bezieher von Transferleistungen wird hiermit durch den VE auf eine neue Stufe gestellt: "Darüber hinaus wird den Anstalten in Absatz 4 Nummer 4 ausdrücklich die Organisation einer zielgerichteten Sozialarbeit in den bewirtschafteten Beständen auferlegt und hierfür die Einrichtung einer gemeinschaftlichen Wohnungsberatungsstelle als Organisationsform vorgeschrieben. Damit sollen die Anstalten in die Lage versetzt werden, einen wichtigen Beitrag in der Umsetzung von § 11 Absatz 2 SGB XII zu leisten: „Die Beratung betrifft die persönliche Situation, den Bedarf sowie die eigenen Kräfte und Mittel sowie die mögliche Stärkung der Selbsthilfe zur aktiven Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft und zur Überwindung der Notlage. Die aktive Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft umfasst auch ein gesellschaftliches Engagement.“ "(S.39)

Im Klartext heisst das: Drangsalierung zum Arbeitszwang durch den Vermieter. Der skandalöse Absatz zeigt, wie die Erniedrigung lohnabhängiger MieterInnen zu mittel- und einspruchslosen "Fördersubjekten" in soziale und poitische Repression durch eine geschlossene Front über Behörde, Vemieter und Arbeitsplatz mündet - alles unter Kotrolle des "revolvierenden Förderfonds" und seiner Herren in Senat und IBB.


Die Anstalten - Beispiel Zwangsräumungen
Besonders bedauerlich ist die Durchlöcherung des Programms einer Umwandlung der landeseigenen Wohnungsunternehmen durch den VE. Das formulierte Ziel: Bereitstellung von Wohnraum zu "angemessenen Bedingungen" liefert keine konkrete Aussage oder gar Verpflichtung. Nicht nur in Zusammenarbeit mit den Jobcentern, sondern auch mit der Polizei sollen die "Anstalten" das Vorgehen gegen problematische Mieter reibungslos machen, indem sie den Bezirk als Ordnungsmacht bei Zwagsräumungen unterstützen. §13 (4)

"Aufgabe der Anstalten ist (...) die Bezirke als örtliche Ordungsbehörden im Bereich des Wohnungswesens zu unterstützen und in akuten oder drohenden Fällen von Wohnungs- oder Obdachlosigkeit, namentlich solchen, in denen Zwangsräumungen nicht abgewendet werden können, zur Gefahrenabwehr im Rahmen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (...) Gelegenheiten zur Unterbrigung der Betroffenen (...) zur Verfügung stellen". Mit der Unterbringungsgelegeneit bei akuter Obdachlosigkeit ist selbstverständlich keine eigene Wohnng gemeint. Vor allem dient sie der moralischen Delegitimieung künftiger Zwangsräumungsblockaden. Unverbindliche Empfehlung: Anstalten "sollen "darauf achten" dergleichen zu vermeiden (während sie laut Gesetzesenwurf daran mitzuwirken haben). Da die Alibiformulierung keine Entscheidungsbefugnisse und Instrumente definiert, um Zwangsräumngen zu "vermeiden", ist sie wertlos. Es gilt der Gesetzestext.

Die DKP wird sich auch in Zukunft an Blockaden von Zwangsräumungen beteiligen. Über deren Rechtmässigkeit werden wir keinesfalls per VE mit "Ja" abstimmen.

Die Anstalten sind kapitalistische Unternehmen
Die Anstalten können weitere Aufgaben übertragen bekommen und sind angehalten, in diverse Geschäftszweige einzusteigen (s. 9 §13) - womit die Gewinnmacherei beliebig wird. Sie sind zu "allen Massnahmen berechtigt", dürfen "Hilfs- und Nebengeschäfte" betreiben, Aufgaben an Dritte übertragen, ausserhalb Berlins tätig sein, Eigenkapital bilden, und Fremdkapital aufnehmen - kurz, der ganze Zauber entpuppt sich als normale kapitalistische Unternehmen, die lediglich keinen Buchgewinn machen dürfen. Hier tauchen denn auch plötzlich "Beteiligungsgesellschaften" auf, die ja denn auch Gewinn machen müssen.

Eines ihrer "Kerngeschäfte" wird Modernisierung sein, wozu ja EU-Gelder über den Fonds abgegriffen werden sollen. Mieterhöhungen sind in diesem Fall ausdrücklich vorgesehen, mit dem frommen Wunsch, sie bitte "tragbar" und nicht "drastisch" zu gestalten. Eigentümer, die "modernisieren", kassieren beim Förderfonds zweimal: Erstens finanziert er die Aufwertung des Objekts, also Kapitalverwertung, zweitens bezuschusst er die daraus folgende Mieterhöhung. Der VE schlägt also genau das vor, was bereits schlechte Praxis ist. D.h., er wird auf jeden Fall MIetsteigerungen bei Ausschöpfung des rechnerisch Möglichen durchsetzen. Die Vorgabe lautet: "Mietpreise sollen sozialverträglich festgelegt und mindestens die Kostendeckung sowie die Bildung ausreichender Rücklagen ermöglichen". Hiermit ist die Grenze der bloss nachgeordneten "Sozialverträglichkeit" definiert. Über die in den "Kosten" bereits enthaltenen Profite schweigt der VE. Es soll "kontinuierliche Investitionstätigkeit" erfolgen. Weiteres Geschäft ist die Veräusserung von Grundstücken, ohne dass dabei zwingende Vorschriften über die Käufer dieser Grundstücke gemacht werden. Es wird ausdrücklich gefordert, in gemeinsame Dienstleistungsgeschäfte, "insbesondere mit Privaten" einzusteigen (s.41). Von der behaupteten Gemeinnützigkeit bleibt also nichts übrig.

Mitbestimmung
Die Mitbestimmungsvorschriften sind kaum noch als schein-demokratisch zu bezeichnen. In MIetfragen wird dem Gesamtmieterrat keine Mitbestimmung zugestanden (§§20-22). Er kann grundsätzlich nur zustimmen, da, wenn der Vorstand nicht einverstanden ist, der Verwaltungsrat die Zustimmung des Gesamtmieterrats ersetzt, insbesondere bei Konflikten über "Investitionsentscheidungen". Zu MIeterhöhungen darf er "Stellung nehmen", mehr nicht. Mitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Sitz-Verteilung sieht so aus (§18): 8 Vertreterinnen des Landes Berlin (mindestens 3 SenatorInnen /StaatssekretärInnen); 2 Mitglieder des Fachbeirates; 2 VertreterInnen der Belegschaft; 4 Vertreterinnen des Gesamtmieterrates. Der Fachbeirat wird vom Abgeordnetenhaus berufen. Aber selbst wenn er wider Erwarten auf Seiten von MieterInnen und Beschäftigten stünde, lässt sich keine mehrheitsfähige Koalition gegen den Senat bilden, denn bei Gleichheit zählt die Stimme des vorsitzenden Bausenators doppelt. Das "Mitbestimmungs"modell schliesst ausdrücklich Änderungen der Besitzverhältnisse aus (S. 43). Ziel ist eine "erhöhte Identifikation der BewohnerInnen" und dadurch Verminderung der Kosten infolge "Vandalismus". Die Mitbestimmungsorgane sollen bei den MieterInnen um "Verständnis für Entscheidungen werben". Gebietsmieterräte (§23) haben keine eigentliche Entscheidungsbefugnis, sondern dürfen nur Vorschläge unterbreiten und Stellungnahmen abgeben. Sie haben nur begrenztes lokales Informatiosrecht.

Eine Satzungsänderung durch das Abgeordnetenhaus kann die Zustimmungspflicht des Verwaltungsrates aushebeln. Und damit kein Zweifel aufkommt, wer das Sagen hat § 15 (1): "Der alleinige Gewährträger der Anstalten ist das Land Berlin".

Mit der Reduktion der Personalvertreter auf 2 Sitze im Aufsichtsrat eines Landesunternehmens begehen die AutorInnen des VE einen eklatanten sozialpolitischen Rückschritt. Auch darum wird die DKP den VE nicht unterstützen.

Wohnen in der Anstalt
In allen öffentlich geförderten Wohnungen soll eine "tragbare Miete" sichergestellt werden (§§29-36). Das heisst also nicht: In allen kommunalen Wohnungen. Als tragbar wurden 5,74 qm /bettokalt pro Person errechnet. Unterhalb der Armutsgrenze sollen 5,14 Euro daraus werden. Das wird alle 2 Jahre überprüft, bei Änderung sind Mieterhöhungen angesagt. Für Transferleistungsbezieher soll die Miete dem entsprechen, was das Amt bezahlt (WAV). Das reale Einkommen von Transferleistungsbeziehern in Berlin wird hiermit also vom jeweils erkämpften Mietvertrag abhängig gemacht. Der Verzicht auf eine personenunabhängige Mietdeckelng bedeutet: Mieter müssen dafür Nachweise bringen und den Vermieter um Beantragung bitten - und das alle 2 Jahre, bei Strafe einer Mieterhöhung. Steigt das Einkommen (was innerhalb der engen Stufung des VE sehr leicht vorübergehend geschehen kann), wird die Förderung abgebaut - zugunsten des Fonds.

Für Wohnberechtigungssscheine werden verschiedene Einkommensgruppen unterschieden, die aber durch die Senatsverwaltung abweichend festgelegt werden können, wenn ihr das aus "wirtschaftichen und städtebaulichen" Gründen angebracht erscheint, wodurch das Ganze wieder beliebige Ermessenssache wird.

Freistellungen von Belegungsbindungen werden nicht grundsätzlich ausgeschlossen (§§36-37), sondern von statistischen Erhebungen abhängig gemacht. Bindungen sind also generell befristet und zudem Vereinbarungssache. Die DKP erkennt nicht, aufgrund welcher Zwänge oder Interessen MieterInnen für eine Befristung der Bindungen stimmen sollten.

Wer von den vorgeschlagenen Personen einziehen darf, legt letztlich der Vermieter fest. Dieser darf die Miete im Rahmen der Mietrechs- und Förderbesimmungen erhöhen, jedoch muss sie die ortsübliche Vergleichsmiete mindestens um 10% unterschreiten. Auf diese wundersame Weise lassen sich dann wieder Eröhungen des allgemeinen Mietniveaus erreichen, was durch das Gesetz ja angeblich ausgeschaltet werden sollte.

***

Hinter dem Volksentscheid stehen berechtigte Hoffnungen der Berliner Mieterinnen und Mieter. In einem Mobilisierungs-Trailer der Initiative sagt eine Aktivistin: „Ich mach beim Mietenvolksentscheid mit, weil ich nicht will dass Wohnen Ware ist".

Wir glauben, aufgezeigt zu haben, dass der VE für das Gegenteil steht. Er sichert den Warencharakter der Wohnungen und lässt ihn "durch das Volk" bestätigen - mit allen negativen Folgen, die das im Detail bedeutet. Auf diese Weise wird er im öffentlichen Bewusstsein zum Statthalter von Forderungen, die er zwar durch unverbindiiche Phrasen aufgreift, aber als Gesetz ins Gegenteil verkehrt. Wir halten das für gefährlich. Das Platzen der Ilusionen, die der VE schürt, kann nur zu weiterer Desolidarisierung und zur Beschädigung legitimer mieten- und gesellschaftspolitischen Kampfziele führen. Das liegt im Interesse der Senatsparteien. Darum sagen wir "Nein" zu diesem Gesetzesentwurf.

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